Die Parlamentswahlen in Italien endeten wie erwartet mit einem relativ deutlichen Sieg des Rechtsbündnisses, angeführt von der Postfaschistin Giorgia Meloni von der Partei «Fratelli d’Italia». Meloni wird als erste Frau das Amt der Regierungschefin beanspruchen. Einen Achtungserfolg fuhr auch die linkspopulistische Cinque Stelle-Bewegung ein, sie ist nun drittstärkste Kraft im Parlament.
Die Mittelinks-Parteien, allen voran die Demokratische Partei, mussten eine herbe Niederlage einstecken. Den Grund verortet Maurizio Coppola einerseits darin, dass sich die Demokratische Partei in den letzten Jahren immer stärker von traditionell linken Ideen verabschiedet und zahlreiche Arbeitsmarktreformen zulasten der Arbeiter*innen durchgesetzt hatte. Zudem habe sich die Demokratische Partei in ihrem Wahlkampf einzig auf den Antifaschismus gestützt und kein Programm vorgelegt, um die Bevölkerung in Krisenzeiten zu entlasten.
Coppola selber ist im internationalen Büro der noch jungen Partei «Potere al Popolo» in Neapel tätig, welche am linken Rand politisiert. Bei den Wahlen trat sie im Bündnis «Unione Populare» an. Während in anderen Ländern die gesamte Opposition zusammenspannte, um eine Regierung der extremen Rechten zu verhindern, entschied sich die «Unione Populare» dagegen. Ein Bündnis mit der Mittelinks-Koalition gegen die extreme Rechte wurde ausgeschlagen, weil es gemäss Coppola heute notwendiger sei denn je, eine alternative linke Kraft aufzubauen, welche über eine zeitlich beschränkte Wahlallianz hinausgeht. Einerseits sei man in wichtigen Fragen anderer Meinung gewesen als das Mittelinks-Bündnis, und andererseits werde das Resultat nicht besser, wenn man strategisch das «kleinere Übel» wähle.
Der Sieg des Rechtsbündnisses sei zwar unschön, so Coppola, doch im historischen Kontext betrachtet weniger gravierend als oft dargestellt. So sei der absolute Wähler*innenanteil der rechten Parteien mit rund 12 Millionen Wählenden seit den letzten Wahlen relativ stabil geblieben. Verschoben hätten sich lediglich die Wähler*innenanteile innerhalb der Koalition, weg von Forza Italia und der Lega hin zu den Fratelli d’Italia, welche sich erfolgreich als Protestpartei positionieren konnte.
Aufgrund ihres Wahlprogramms rechnet Coppola nicht damit, dass der Erfolg von Giorgia Meloni lange anhalten wird. Meloni verfolge eine klar neoliberale Agenda, habe sich gegen den gesetzlichen Mindestlohn ausgesprochen und angekündigt, die vor 3 Jahren eingeführte Sozialhilfe wieder abzuschaffen.
Mit diesen Reformankündigungen und der sich gleichzeitig verschärfenden Krise erwartet Coppola für den Herbst breite, soziale Proteste in Italien. Dann werde sich weisen müssen, ob Giorgia Meloni den Bedürfnissen der Arbeiter*innen gerecht zu werden vermag – und wie sich die Linke in dieser Krise verhält, sprich ob sie die Wut und dieses Potential an Veränderung aufnehmen könne.