Sechs neue Stadien, Millionen eingeflogene Fans: Die diesjährige WM verursacht mehr CO2-Emissionen als jede Weltmeisterschaft davor. Trotzdem behauptet die FIFA, die WM in Katar sei klimaneutral. Das sei unglaubwürdig, meint Gilles Dufrasne von Carbon Market Watch. «Das ist eine irreführende Werbemaßnahme. Die Behauptung, die WM sei klimaneutral, ist sachlich falsch.»
3.6 Megatonnen Co2 stösst die WM in Katar laut Angaben der FIFA aus – das ist mehr als jede Weltmeisterschaft davor, und entspricht etwa den jährlichen CO2 Emissionen der Demokratischen Republik Kongo. Trotzdem seien diese Berechnungen zu moderat angesetzt, meint Gilles Dufrasne. Der Ausstoss für den Bau der neuen Stadien habe die FIFA um ein vielfaches zu tief angesetzt. Die FIFA habe einen Berechnungstrick angewendet, meint Gilles Dufrasne: «Sie haben die gesamten Bauemissionen über diesen Zeitraum von 60 Jahren verteilt und übernehmen nur die Verantwortung für die ersten 2 Monate. Die Fifa geht nämlich davon aus, dass die Stadien nach der WM noch weitergenutzt werden, und sie deswegen nicht die volle Verantwortung für die gesamten CO2-Emissionen übernehmen müssen.» Es ist aber keinesfalls gegeben, dass die Stadien nach der WM weiterverwendet werden. Momentan gibt es noch keine konkreten Pläne, und ein Blick in die Länder der letzten drei WMs stimmt nicht optimistisch: Stadien in Brasilien, Russland und Südafrika werden nicht genutzt und zerfallen. Deswegen ist die Chance hoch, dass auch die Stadien in Katar nicht weiterverwendet werden.
Doch der Stadiumbau ist nicht das einize Problem. Um diesen Event wenigstens auf Papier klimaneutral zu machen, muss die FIFA den CO2-Ausstoss kompensieren. Dafür muss die FIFA 3.6 Millionen Carboon Credits kaufen, jeder Carbon Credit steht für eine Tonne co2-Emissionen. Doch anstatt diese Credits von bereits existierenden und anerkannten Unternehmen mit anerkannten Standarts zu kaufen, hat die FIFA kurzerhand ein eigenes Zertifiizierungssystem initiiert: Das global Carbon Council. Erst kürzlich hat dieses angemeldet, die Hälfte der CO2-Emmissionen durch einen Solarpark in Katar zu kompensieren. Dieses Projekt sei aber dubios, so Gilles Dufrasne: «Das Projekt widerspricht so ziemlich allen Grundsätzen der Kompensation. Es handelt sich im Grunde nur um ein willkürliches Projekt, das die FIFA durchführt und von dem sie behaupten, dass es ihre Emissionen kompensiert.»
Die Weltmeisterschaft in Katar ist also alles andere als klimaneutral – ein Etikettenschwindel, vertuscht von der FIFA. Eine klimaneutrale Weltmeisterschaft sei gar nicht möglich, wenn enorm viele neue Stadien gebaut werden und hundertausende Menschen eingeflogen werden. Die Struktur der ganzen Weltmeisterschaft müsse sich also ändern, argumentiert Gilles Dufrasne: «Um die Nachhaltigkeit der Veranstaltung wirklich zu verbessern, muss die FIFA die Organisation der Weltmeisterschaft grundlegend überdenken. Vielleicht sollte man die Mannschaften in dem Stadion gegeneinander spielen lassen, das ihnen am nächsten liegt, und die Dauer der WM dementsprechend verlängern. Solange sie an dem derzeitigen Modell festhalten, die WM regelmäßig an neuen Orten mit Hunderttausenden von Zuschauern zu veranstalten, wird das immer einen massiven Einfluss auf das Klima haben.»