Seit 27 Monaten regiert Donald Trump die USA – und wird vorläufig auch durch den Mueller-Report nicht daran gehindert:
Eine Auswahl der Monatschronik – 21. März bis 20. April 2019
22. März – Die Trump-Regierung verliert vor Gericht über 90 Prozent der Prozesse über neue gesetzliche Verordnungen. Laut dem Online-Magazin Salon ist der Hauptgrund Inkompetenz. Offenbar fällen Trump und seine Beamt*innen zahlreiche Entscheidungen auf sehr schlampige Art und Weise, so dass sie rechtlich nicht umsetzbar sind oder gegen übergeordnetes Recht verstossen. Donald Trump behauptet, diese Verordnungen wurden vor Gericht für ungültig erklärt, weil die Richterinnen und Richter einst von seinem Vorgänger Barack Obama ernannt wurden. In mindestens vier Fällen kann dies nicht der Fall sein. Dort gehörten die Richter und Richterinnen Trumps republikanischer Partei an.
24. März – Heute übergibt Justizminister William Barr dem Kongress einen vierseitigen Brief, indem er den lange erwarteten Mueller-Bericht zusammenfasst. Den 440-seitigen Bericht unterschlägt er, sagt aber, der Bericht belaste Trump nicht. Donald Trump feiert sich als grossen Sieger der Untersuchung, die er immer wieder als Hexenjagd bezeichnet hat. Die Untersuchung der Russland-Affäre durch FBI-Sonderermittler Robert Mueller hat in den letzten beiden Jahren für sehr viel Aufsehen gesorgt. Mueller hatte den Auftrag zu untersuchen, inwiefern Russland im Wahlkampf von Donald Trump mitgemischt und ob Trump die Justiz bei den Ermittlungen behindert hat. Gegen rund zwanzig Personen wurde Anklage erhoben, fünf Personen wurden bereits verurteilt. Insider berichten, das Material sei wesentlich belastender für Trump, als es von Barr nun dargestellt worden sei. Das demokratisch dominierte Repräsentantenhaus fordert die Herausgabe des kompletten Berichts. Der Trump-freundliche Senat und der Justizminister lehnen diesen Antrag ab – vorerst.
1. April – Eine Whistleblowerin gibt bekannt, dass in der Trump-Regierung über zwei Dutzend Sicherheitssperren einfach übergangen worden sind. Somit hatten nicht vertrauenswürdige Personen Zugang zu gewissen geheimen Informationen. Einer der Personen, die Zugang hatte zu Dokumenten, zu denen er eigentlich keinen Zugang hätte haben sollen, ist Jared Kushner, Schwiegersohn und Berater von Donald Trump. Nur eine Woche zuvor hat Newsweek publik gemacht, dass Kushner sehr leichtfertig via sein privates Whattsapp kommuniziert. Das sei den Sicherheitsverantwortlichen ein Dorn im Auge, weil Whatsapp als nicht 100 Prozent sicherer Kanal gilt. Wir erinnern uns: Hillary Clinton verlor den Wahlkampf gegen Trump unter anderem deshalb, weil bekannt wurde, dass sie einen privaten E-Mail-Server benutzt hat statt den abgeschirmten Regierungsserver.
4. April – Nun tut es das, was es schon lange angedroht hat: Das Repräsentantenhaus fordert die Steuererklärungen von Donald Trump ein. Innert sieben Tagen soll er seine sechs letzten Steuererklärungen vorweisen. Trump weigert sich. Das hat seine Gründe. Es besteht nämlich der Verdacht, das Trump massiven Steuerbetrug begangen hat, bevor er Präsident wurde. Das berichtet unter anderem die juristische Newsplattform «The Ring of Fire». Zudem möchte die demokratische Partei Licht ins Dunkel werfen beim komplexen Finanzgeflecht im Trump`schen Imperium. Eine Entflechtung könnte zutage fördern, dass sich Trump als Präsident weiterhin in zahlreichen Interessenskonflikten befindet. Der juristische Streit über die Offenlegung der Steuererklärungen von Trump könnte sich noch über das ganze nächste Wahljahr hinziehen, schreibt die taz.
10. April – Das Repräsentantenhaus stimmt für die Wiedereinführung der Netzeneutralitätsregeln, die unter Barack Obama beschlossen wurden. Der von den Trump-treuen Parlamentsmitgliedern zuvor aufgehobene sogenannte «Save the Internet Act» wird wieder aktiviert. Höchstwahrscheinlich bleibt jedoch die Netzneutralität weiterhin nicht garantiert, weil der republikanisch dominierte Senat diese Wiedereinführung bremst – oder weil Donald Trump sein Veto einlegen würde. Netzneutralität bedeutet, dass alle Menschen im Prinzip den gleich schnellen Zugang zum Internet haben wie grosse Konzerne. Grosse Konzerne hingegen möchten diese Netzneutralität schon lange weltweit abschaffen. Wer reich ist, soll schneller surfen können als Arme. Donald Trump zeigt sich auch hier einmal mehr als Beschützer der Reichen und Superreichen.
12. April – Trump bringt mit einem Tweet das Leben einer demokratischen Abgeordneten in Gefahr. Er verbreitet ein Video, das zeigt, wie die demokratische Politikerin Ilhan Omar die Zerstörung des World Trade Centers am «Nine-Eleven» durch Terroristen verharmlost. Omar erhält danach so viele Todesdrohungen, dass erwägt wird, sie fortan unter Polizeischutz zu stellen.Tatsächlich hat sich Omar in einer Ansprache zur Diskriminierung von Muslimen in der amerikanischen Gesellschaft eher unglücklich geäussert. Ihr ging es darum zu zeigen, dass wegen nur ein paar muslimischen Terroristen eine ganze Bevölkerungsgruppe unter Generalverdacht gestellt und diskriminiert wird. Das von Trump getwitterte Video hat ihre tatsächliche Aussage komplett aus dem Kontext gerissen. Lustigerweise taucht kurz danach ein Telefoninterview vom 11. September 2001 auf, in dem Donald Trump zwar den Angriff aufs World Trade Center bedauert, gleichzeitig aber auch damit prahlt: Nun sei das Trump Building «Wall Street 40» wieder das höchste Gebäude von New York:
In Wirklichkeit war das Trump Building damals 2001 nur gerade das vierthöchste Gebäude New Yorks – heute übrigens nur noch auf Platz 13.
18. April – Nun wird der Mueller-Report (PDF, 140 MB!) doch noch veröffentlicht. Allerdings mit zahlreichen Schwärzungen.
Geschwärzt sind vor allem Teile des Berichts, die noch Gegenstand juristischer Untersuchungen seien. Es ist umstritten, ob der Maller-Bericht Trump schaden oder nützen wird. Denn er führt nicht dazu, dass es zu einer Anklage gegen Trump kommt. Trump wird aber auch nicht entlastet. Robert Maller schreibt ganz klar, hätte Donald Trump vom Vorwurf der Justizbehinderung entlastet werden können, hätte er das im Bericht festgehalten. Der Bericht zeigt, Trump hat die Untersuchung der Russland-Affäre mehrfach torpediert – allerdings sich damit nicht deutlich strafbar gemacht. Zum Beispiel wurden Anweisungen von ihm einfach nicht befolgt – aus heutiger Sicht zum Glück für Donald Trump. Der Bericht zeigt auch auf, Russland hat den amerikanischen Wahlkampf vor zweieinhalb Jahren beeinflusst. Und es gab Kontakte zwischen Leuten aus dem Trump-Umfeld und russischen Agenten. Aber auch da fehlen Beweise, dass diese Verbindungen bis zu Trump selber gereicht haben. Sicher ist nur, Trump hat sich nie gegen die Einmischung von Russland gewehrt und deren Unterstützung stillschweigend akzeptiert.
Trumps Nachahmer oder Vorbild? Narendra Modi kämpft um seinen Machterhalt in Indien
Narendra Modi ist seit fünf Jahren Premierminister der sogenannt grössten Demokratie der Welt. Noch bis am 19. Mai 2019 laufen in Indien Wahlen und Modis hindu-nationalistische Partei, die BJP, erhofft sich, auch dieses Mal zu gewinnen. Zwischen Narendra Modi und Donald Trump gibt es auffallend viele Parallelen. Demokratisch gewählt wurde Modi zwar, doch die demokratischen Institutionen bereiten ihm oft keine grosse Freude. Ein Dorn im Auge ist Modi die Pressefreiheit. Wer nicht in seinem Sinn berichtet, wird unter Druck gesetzt. Lokal kann es schon mal vorkommen, dass ein Modi-naher Schlägertrupp auftaucht und einem unliebsamen Medienschaffenden einen Denkzettel verpasst. Natürlich ohne Wissen von Modi. Und – wie Donald Trump benutzt Modi für die öffentliche Kommunikation am liebsten Twitter.
Wie Trump weiss Modi ganz genau, wie er die Klaviatur des Populismus spielen muss. Er arbeitet gerne mit Feindbildern, zum Beispiel mit dem muslimisch dominierten Nachbarn und Erzrivalen Pakistan. Ja, generell, fördert der Hindu Nationalist die Islamophobie. Obwohl die ehemals britische Kolonie vor siebzig Jahren in die beiden muslimisch dominierten Staaten Pakistan und Bangladesh sowie ins von Hindu dominierte Indien aufgeteilt wurde, leben immer noch über 170 Millionen Muslime in Indien. Sie machen gut einen Siebtel der Bevölkerung aus. Islamophobe Attacken auf sie seien unter Modi zur Normalität geworden, berichten Betroffene. Lynchmorde an Muslimen haben zugenommen – oft passieren sie, wenn ihnen Hindus vorwerfen, sie hätten Rindfleisch gegessen, was für Hindu verboten ist. Auch andere Minderheiten fühlen sich bedroht – im vom Hindu-Nationalisten Modi regierten Land.
Narendra Modis Regentschaft in Indien hat auch aus wirtschaftspolitischer Sicht Parallelen zur Politik zahlreicher rechtspopulistischen Parteien in der Welt. Er hat den neoliberalen Kurs – weniger Staat, mehr Macht den Konzernen – weitergeführt. Das Versprechen, dass er sich mehr für Arme einsetzt, als die vorher mächtigste Partei, die Kongresspartei, hat er nicht umgesetzt. Das Wachstum der Wirtschaft hat zwar unter Modi angehalten und geht noch rasanter als in China. Die Arbeitslosigkeit ist jedoch gestiegen. Einmal mehr zahlen die Ärmsten den Preis des Wachstums. Hinzu kommt: In einer beispiellosen Aktion erklärte Modi die wichtigsten Bargeldscheine für ungültig. Damit sollte Korruption eingedämmt und die Digitalisierung der Zahlungsmittel gefördert werden. Der Effekt war häufig, dass die Ärmsten am meisten litten, weil genau sie auf Bargeldzahlungen angewiesen sind. Einige ältere Menschen starben gar, als sie stundenlang in Schlangen vor Banken stehen mussten, um ihre paar Bargeldscheine umzutauschen.
Narendra Modi ist wie viele seiner populistischen Kollegen und Kolleginnen weltweit ein ausgezeichneter Blender, der grosse Wahlversprechen macht, die er am Schluss kaum einhält. Weder hat er in seinen fünf Jahren Regentschaft den Umweltschutz verbessert noch die Armut bezwungen. Stattdessen hat er mitgeholfen, das multikulturelle Indien weiter zu spalten.