In der heutigen Sendung blättern wir in der 380-seitigen Kampfansage gegen den Klimawandel des Klimastreiks Schweiz, wir erfahren, wie die neue Forschungsrichtung «Soundscape-Ökologie» mittels Audio-Aufnahmen Veränderungen in Ökosystemen untersucht und tauchen ein ins grösste, fiktive Musikfestival, welches die Schweiz je gesehen hat.
Den Podcast gibt es hier:
Eine 377-seitige Kampfansage gegen den Klimawandel
An einer virtuellen Medienkonferenz präsentierte der Klimastreik am vergangenen Freitag zusammen mit Expert*innen einen über 350-seitigen Aktionsplan vor, in dem er aufzeigt, wie die Schweiz bis 2030 netto null Treibhausgasemissionen erreichen kann.
Insgesamt sind in dem Aktionsplan fast 140, teils einschneidende politische Massnahmen, Verbote und Regulierungen formuliert: unter anderem ein Verbot von fossilen Brennstoffen, eine Solarpflicht, ein Werbeverbot, autofreie Städte und Stimmrecht ab 14 Jahren.
Der Katalog wurde im Verlauf des vergangenen Jahres von Klimastreikenden und Fachleuten verfasst. Die Klimajugend betont, dass sie sich zur Schaffung des Aktionsplans gezwungen sah, da die institutionelle Politik immer noch keinen adäquaten Plan zur Lösung der Klimakrise vorzuweisen hat.
«Mit dem Klima-Aktionsplan zeigen wir, dass eine andere Welt möglich ist. Unser Plan beinhaltet die wichtigsten ökologischen und sozialen Massnahmen für einen raschen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft. Wir haben noch Zeit, das Steuer herumzureissen, doch wir müssen jetzt beginnen», meint der Klimastreikende Nico Müller im Gespräch mit RaBe.
Was auffällt: Der Plan setzt neben augeklügelten technischen Massnahmen auch auf gesellschaftliche Veränderungen wie Ausbildungsprogramme für Arbeiter*innen oder die Priorisierung von Menschenrechten und Klimaschutz bei Freihandelsabkommen. “Klimaschutz hat einen Einfluss auf alle Bereiche der Gesellschaft. Deshalb war es uns bei der Erarbeitung des Plans wichtig, die gesellschaftlichen und sozialen Folgen ebenfalls zu berücksichtigen, um einen gerechten Wandel zu ermöglichen”, erklärt Beat Ringger, Mitautor des Klima-Aktionsplans.
Die vorgeschlagenen Massnahmen im Aktionsplan würden das gesellschaftliche Leben definitiv umkrempeln. Anstelle von Werbung sollten wir Kunst oder Bildungsbeiträge bestaunen. In ihrer Vision zeichnen die Klimastreikenden das Bild einer autofreien Stadt, in der die Menschen sich primär zu Fuss, mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln fortbewegen. Fossile Heizungssysteme werden ersetzt und auf den Bau neuer Gebäude gilt bis 2030 ein Moratorium.
Ganz ausgearbeitet sei der Plan allerdings noch nicht gesteht Nico Müller gegenüber RaBe. «Wir wissen nicht, ob es jemals eine finale Version dieses Aktionsplan geben wird. Denn innerhalb der Klimapolitik müssen wir Dinge fortlaufend optimieren, anpassen und ausarbeiten. Zudem wollen wir ja auch die breite Bevölkerung miteinbeziehen in diese Ausarbeitung.»
Das Insektensterben hörbar machen
Die neue Forschungsrichtung der «Soundscape-Ökologie» gibt Aufschluss über Veränderungen in unserer Umwelt. Sie beschreibt Ökosysteme anhand ihres Klangbildes. So lassen sich mit Hilfe von Audio-Aufnahmen zum Beispiel sehr leicht Veränderungen in Vogelbeständen feststellen.
«Gerade in Wiesen, aber auch in Wäldern bemerken wir über die Akustik oft viel besser, ob etwas gerade nicht stimmt», erklärt Sandra Müller, Geo-Botanikerin an der Universität Freiburg im Breisgau. Wenn sich Habitate ändern, zum Beispiel durch stärkeres Düngen, so reagieren Pflanzen viel weniger schnell als Tiere, welche mobiler sind. «Mit der Soundscape-Ökologie haben wir nun eine Technik, mit der wir relativ schnell und unkompliziert erheben können, ob sich ein Ökosystem gerade verändert. Und das auf grossen Flächen und in verschiedenen Gebieten gleichzeitig».
Ghost Festival – das (nicht) stattfindet
Womöglich hat sie der eine oder die andere bereits zu Gesicht bekommen und sich gefragt was es damit auf sich haben könnte: In insgesamt fünfzehn grösseren Schweizer Städten in allen vier Sprachregionen hängen seit ein paar Wochen schwarze Plakate mit einem markanten weissen Strich in der Mitte. Von wem die Plakate genau stammten war bislang unklar. Die Schweiz rätselte.
Am Montag haben die Verantwortlichen das Geheimnis nun gelüftet: Der weisse Balken auf dem schwarzem Hintergrund steht für das «Ghost Festival» – zu Deutsch: Geisterfestival. Über die Bühne gehen soll dieses offenbar bereits am 27. & 28. Februar. Und es kommt noch dicker: Laut dem Organisationskomitee handelt es sich dabei um das grösste Festival, dass es in der Schweiz je gegeben hat! Crazy Shit!
Tatsächlich verspricht das Lineup auf der Website insgesamt rund 300 Bands und Musiker*innen aus der ganzen Schweiz, darunter auch hochkarätige Acts wie etwa Patent Ochsner, Black Sea Dahu, Annie Taylor, Stefan Eicher, KT Gorique, Lo & Leduc, Brandy Butler, Züri West, Steffe La Cheffe, Knackeboul und viele mehr. Ein Spektakel der Superlative also!
Naja, zumindest fast… Denn leider findet das Festival in Wirklichkeit gar nicht statt. Aber irgendwie halt doch. Denn beim Ghost Festival handelt es sich um die bislang grösste Solidaritätsaktion für das Schweizer Musikschaffen, eine Berufsgattung, die von der Corona-Pandemie besonders stark getroffen wurde.
Mit der simplen und witzigen Idee eines Geisterfestivals möchte das Ghost-Club-Kollektiv einen breiten Dialog in der Gesellschaft anstossen und ein mediales wie auch soziokulturelles Zeichen setzen, ohne dabei anklagend zu wirken. «Vielmehr sollen solidarisches Bewusstsein und das Erkennen des kulturellen Wertes von Musik ins Zentrum rücken» erklärt Gründungsmitglied Dominik Gysin gegenüber RaBe.
Am Montag, 11. Januar 2021 um 11:11 Uhr startet der Ticketverkauf für den fiktiven Event. Der Erlös wird zu 100% an die teilnehmenden Musikschaffenden weitergegeben.