Viele von uns verbringen momentan viel Zeit Zuhause mit Computer, Tisch, Stuhl, Bett und anderen Gegenständen. Wer im Homeoffice steckt, flucht vielleicht einmal sein Laptop an oder wirft einen Kugelschreiber durch die Gegend. Was aber denkt dieser Kugelschreiber? Was das Bett, der Salatlöffel, die Unterhose, der Aschenbecher oder der Kühlschrank, der viel öfter seinen Bauch öffnen muss als noch vor einem Jahr? Was denken unsere Dinge daheim?
Diese Frage hat sich auch Christoph Simon gestellt – Antwort liefert er im Büchlein «Die Dinge daheim». Darin enthalten sind Sprachminiaturen, in denen der Berner Autor Hausgegenständen Leben einhaucht und ihnen eine Stimme verleiht. Da wäre etwa der Kochtopf, der sich stets mit den grösseren Kollegen vergleicht. Die konservative Stimmgabel will keinesfalls von ihrem Ton abweichen, der Fensterlappen sorgt sich um Transparenz bei der Arbeit und der Staubsaugerroboter rennt immer gegen die gleichen Hindernisse an.
Man sympathisiert mit ihnen, mit Gabel, Sportsocke, Trüffelhobel, Brillengläsern und Packungsbeilagen, denn ihre Überlegungen, Sorgen, Nöte und Wünsche sind oft allzumenschlich. Simon haucht seinen Gegenständen nicht nur Leben ein, sondern verpasst ihnen auch eine Seele und geht dabei mit liebevoll-lakonischem, manchmal auch melancholischen Humor zugange.
Wer Dinge zum Leben erweckt, läuft Gefahr, dass er damit bei absehbar konstruierten Disney-Geschichten landet. Diese Klippe umschifft Simon in «Die Dinge daheim» elegant, denn seine Gegenstände halten uns immer auch einen Spiegel vor und liefern somit kleine Gesellschafts- und Befindlichkeitsanalysen. Der Geldschein: eine Doppelnull. Und wäre doch so gern ein Trippelnull. Die Stehlampe redet nur noch davon, Schauspielerin zu werden, seit sie eine Stehlampe im Fernsehen gesehen hat. Und die Jeanshose in fortgeschrittenem Alter hält fest: «So ist das eben. Man zerfasert und zerfällt und macht einfach weiter.»
Christoph Simon im Interview mit RaBe:
«Die Dinge daheim» ist erschienen bei Edition Taberna Kritika