Der grosse Rat diskutiert darüber, ob das wichtigste Archiv für Frauengeschichte in der Schweiz finanziell unterstützt werden soll, Die Bewegung «No Cap» macht sich stark gegen Ausbeutung auf Italiens Gemüsefeldern und das Berner Generationenhaus widmet neuen Wohnformen eine Ausstellung. Hier ist der Podcast zu Sendung:
Unterstützt der Kanton das Gosteli-Archiv?
Das Gosteli-Archiv in Worblaufen gilt als bedeutendstes Archiv für Frauengeschichte in der Schweiz. Die Frauenrechtlerin Marthe Gosteli hat es 1982 etabliert, seither werden dort Archivalien erschlossen und gesammelt von Frauenorganisationen und einzelnen Frauen, die in Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur, Gesellschaft und Familie eine wichtige Rolle gespielt haben.
Getragen wird das Archiv von der Gosteli-Stiftung, welche in den letzten Jahren in finanzielle Schieflage geraten ist. «Die Stiftung wurde jahrelang von der Gründerin selbst privat finanziert. Seit ihrem Tod 2017 sind die Finanzen nicht mehr gesichert, das Vermögen ist aufgebraucht», erklärt Beatrice Stucki, SP-Grossrätin und Vize-Präsidentin der Finanzkommission.
Heute diskutiert der Grosse Rat über einen Unterstützungsbeitrag von 450’000 Franken. Die vorberatende Finanzkommission hat bereits grünes Licht gegeben, im Gegensatz zum Regierungsrat, welcher sich gegen finanzielle Unterstützung des Gosteli-Archivs ausgesprochen hat. Somit dürfte die Debatte im bernischen Parlament keine einfache werden.
No Cap – gegen Ausbeutung auf Italiens Gemüsefeldern
Die italienische Bewegung «No Cap» kämpft gegen Billigtomaten für Europas Konsument*innen, produziert auf dem Buckel von illegalisierten Wanderarbeiter*innen. Durch den Film «Das neue Evangelium» von Milo Rau wurde die Bewegung «No Cap» kürzlich einem internationalen Publikum bekannt.
Seit vielen Jahren bereits kämpft «No Cap» gegen die Ausbeutung von Arbeitskräften in der Landwirtschaft Süditaliens. Besonders schlimm ist die Situation für Menschen ohne Aufenthaltsstatus und/oder Papiere. Diese Menschen sind ihren Arbeitgeber*innen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert und müssen oft unter sklavenähnlichen Bedingungen schuften und hausen. «No Cap» unterstützt die Arbeiter*innen beim Entfliehen aus den prekären, baufälligen Baracken, stellt humane Unterkünfte zur Verfügung und bezahlt ihnen anständige Löhne. Sie organisiert Anbau und Vertrieb von biologisch und fair produzierten Produkten.
Letzte Woche war «No Cap»-Gründer Yvan Sagnet aus Kamerun an einer Veranstaltung des italienischen Kulturvereins Pecore Ribelli in Bern zu Gast. Pecore Ribelli seinerseits hat sich auf die Fahne geschrieben, «No Cap» in der Schweiz bekannter zu machen. Ziel ist, hierzulande einen Bottom-Up-Prozess anzustossen. Dazu seien sie derzeit im Gespräch mit Restaurants, Kitas, Tagesschulen, Kindergärten und anderen Institutionen. Die Konsumierenden müssten sich entscheiden, nicht nur Bio-Produkte, sondern auch fair trade-Produkte zu kaufen, betonen Stefano Puddu und Donato Ruggiero von Pecore Ribelli. Längerfristig träumen sie davon, auch die grossen Schweizer Detailhändler ins Boot zu holen. Vielleicht seien die fairen Produkte von «No Cap» etwas teurer, aber es lohne sich und in der Schweiz sei es für viele Menschen möglich, etwas mehr zu bezahlen.
Donato Ruggiero und Stefano Puddu im Gespräch mit RaBe:
Wie wollen wir wohnen?
In Schweizer Städten und Agglomerationen ist preisgünstiges und partizipatives Wohnen selten geworden. Die Mietpreise sind in den vergangenen Jahren derart rasant angestiegen, dass sich Menschen mit niedrigem Einkommen kaum noch eine Wohnung in der Stadt leisten können. Eine entsprechende Trendwende scheint sich dabei nicht abzuzeichnen, denn die Politik tut sich schwer damit, den verantwortlichen Hauseigentümer*innen einen Riegel vorzuschieben. Das Immobilien-Business floriert wie nie zuvor. (Hier geht es zu einem aktuellen Beitrag von uns über das Problem «steigende Mietpreise»).
Immer mehr Menschen sehnen sich daher nach neuen, innovativen Wohnformen, die der altbekannten Problematik entgegenwirken. Besonders stark gestiegen ist die Nachfrage im Bereich des gemeinnützigen oder auch genossenschaftlichen Wohnens. Soziale und umweltverträgliche Wohnformen in Kombination mit attraktiven Aussenräumen – darin sehen viele Menschen nicht nur eine Antwort auf die horrenden Mietpreise, sondern auch auf die ganz grossen Herausforderungen unserer Zeit wie beispielsweise die Klimakrise.
Wie wollen wir also wohnen? Mit dieser Frage beschäftigt sich derzeit eine kleine Ausstellung im Berner Generationenhaus, anlässlich des 101-jährigen Jubiläums der Wohnbaugenossenschaften Bern-Solothurn. Für die Sensibilisierung der Öffentlichkeit, der Politik und weiterer interessierter Kreise werden in der Ausstellung sowie mit dazugehörigen Veranstaltungen soziale, ökonomische und ökologische Themen sowie der Umgang mit der knappen Ressource «Wohnraum» und der Mehrwert von gemeinnützigem Wohnbau thematisiert.
Daniel Blumer, Geschäftsleiter der Wohnbaugenossenschaften Bern-Solothurn erklärt im Gespräch mit Salim Staubli, weshalb wir uns öfters mit der Frage «Wie wollen wir wohnen» auseinandersetzten sollten:
Passend zum Thema der Ausstellung, stellen wir euch im RaBe-Info bis Ende September jeden Montag eine besondere Wohnform aus der Region Bern vor. Den Auftakt macht am 13.09. ein Porträt über den Verein Q-Hof in der Berner Lorraine. Die Beiträge werde auf dieser Seite fortlaufend hochgeladen.