Die Türkei ächzt unter der Inflation: Der Preis vieler Güter des täglichen Bedarfs hat sich im vergangenen Jahr verdoppelt. Viele Menschen sind auf Essensspenden angewiesen um überhaupt irgendwie über die Runden zu kommen. Keine guten Vorzeichen für eine Wiederwahl des amtierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.
Noch vor 10 Jahren habe die türkische Wirtschaft geblüht, erklärt der Türkeiexperte und Politikwissenschaftler Prof. Dr. Savas Genc. Doch mit seinem autokratischen Regierungsstil habe Erdoğan die Türkei in eine Misere gestürzt: «Erdoğan hat die Justiz, die freien Medien sowie funktionierende demokratische Institutionen abgeschafft und mit einer Ein-Mann-Show ersetzt», sagt Genç. Unter diesen Bedingungen sei es naheliegend, dass die Türkei grosse wirtschaftliche Probleme erfahre.
Mittlerweile stehe der türkische Staat kurz vor dem Bankrott, die eigene Bevölkerung beispielsweise mit kostenlosem Brot zu unterstützen, liege nicht mehr drin. 180 Milliarden Dollar seien bereits in die türkischen Finanzmärkte gepumpt worden, jetzt erhalte die Türkei keine Kredite mehr. «Erdoğan hat kein Geld mehr. Deswegen versucht er über Identitätskonflikte und Nationalismus von der wirtschaftlichen Misere abzulenken», so Genc.
Eigentlich gibt es in der Türkei eine Amtszeitbeschränkung: Genau wie in den USA darf auch ein türkischer Präsident nur zwei Mal antreten. Erdoğan werde diesen Verfassungsartikel zu umgehen versuchen, warnt Genc. Er werde argumentieren, dass der Wechsel von einer parlamentarischen Demokratie zum Präsidialsystem 2017 es ihm erlaubt, noch ein weiteres Mal anzutreten.
Die Wahlen in der Türkei finden am 18. Juni 2023 statt. Bereits berichtet haben wir über die Grenzstreitigkeiten mit Griechenland, die Erdoğan anzuzetteln versucht und über die militärische Operation gegen kurdische Gebiete im Norden Syriens.