Heute im Info: Weltweite Proteste gegen die Mächtigen der Welt. Vor 50 Jahren in Form der Jugendbewegung, heute gegen die G20 in Hamburg.
Die Jugendbewegung der späten 60er im Rückblick
Im „Zeitsprung“ blicken wir zurück auf die späten 60er. In eine Zeit, geprägt von politischen Konflikten und sozialen Unruhen. Auslöser für eine der grössten Protestbewegungen im letzten Jahrhundert. Die globale Jugendbewegung lehnte sich auf, gegen die Mächtigen und Reichen dieser Welt und setzte sich ein für mehr Frieden, Freiheit und Unabhängigkeit. So auch in der Schweiz. Hier fand der Protest vor allem in Zürich statt, aber auch in Bern wurde darüber ausgetauscht, wie die Welt von morgen aussehen könnte.
Vorgeschichte: Vietnamkrieg und Sechstagekrieg
Die Kriege in Vietnam und in Palästina/Israel gehören zu den grausamsten, seit Ende des zweiten Weltkrieges. In Vietnam kommen schätzungsweise bis zu 5 Millionen Menschen ums Leben, Zivilistinnen wie auch Soldaten. Die Jugend in Amerika und Europa ist empört über die Brutalität und den Kriegswahn. Sie beginnt sich daher immer mehr aufzulehnen. Gegen ein patriarchales, veraltetes Establishment, das vergass mit der Zeit zu gehen. Gegen die Mächtigen, die einfach so über das Schicksal junger (amerikanischer) Soldaten befinden. Und gegen eine intellektuelle und militarisierte Elite an den Universitäten, die versucht den Studierenden den Unterrichtsstoff längst vergangener Zeiten einzutrichtern.
Auf den Vietnamkrieg nimmt auch Aretha Franklin’s Song „Chain of Fools“ Bezug.
Der Protest kommt in die Schweiz
Am 14. April 1967 trifft die Rockband „The Rolling Stones“ in Zürich ein, für ein Konzert im Hallenstadion. Was sie damals noch nicht wissen: Sie werden mit ihrem legendären Konzert die Jugendproteste in der Schweiz anstossen. Rund ums Konzert kommt es immer wieder zu Sachbeschädigungen und Auseinandersetzungen zwischen Konzertbesuchern und der Polizei. Sie hat grosse Mühe die zahlreichen Fans unter Kontrolle zu halten.
Globuskrawall
Die darauffolgenden Proteste zwischen 1967 und 1968 gipfeln rund ein Jahr nach dem Rolling Stones Konzert im Globuskrawall. Dieser bildet dann auch den Auftakt zu der eigentlichen 68er-Bewegung in der Schweiz. Anlass für die Auseinandersetzungen war die Forderung nach der Einrichtung eines autonomen Jugenzentrums im Magazine zum Globus.
Die Bewegung in Bern in den späten 60ern
In Bern entstand eine eher gemässigte Bewegung, die sich vor allem mit dem kulturellen Wandel auseinandersetzte. Eine Plattform für politische Diskussionen bot damals die Junkere 37 in der unteren Altstadt. Ein renommiertes Politzentrum in dem unzählige sogenannte Nonkonformisten ein und aus gingen. Also Leute, die anders dachten und lebten als die gesellschaftliche Mehrheit. Dazu gehörten Schriftsteller, Liedermacher und Künstlerinnen wie beispielsweise Mani Matter, Friedrich Dürrenmatt, Meret Oppenheim oder Kurt Marti, um nur einige zu nennen. In der Junkere politisierten und diskutierten die NonkonformistInnen an über 300 Abenden über Themen wie alternative Lebensformen, die Zukunft und vieles mehr. Einer der sich besonders häufig in der Junkere blicken liess, war der stadtbekannte Mythenforscher und Publizist Sergius Golowin. Golowin, der ursprünglich aus Tschechien stammte und – wie er selber betonte – „Zigeunerwurzeln“ hatte, organisierte viele der Diskussionsabende in der Junkere 37. Er konnte schweizweit auf zahlreiche Bekanntschaften zurückgreifen und war gut vernetzt. Er pflegte Kontakte zu Schriftstellern wie Friedrich Dürrenmatt oder zu Rockern und Halbstarken, unter ihnen auch der Hells Angels-Gründer Tino Schippert. Der berühmt berüchtigte Tino Schippert sass immer wieder im Gefängnis wegen Drogengeschichten und anderen Delikten. Er starb vermutlich 1981 in Bolivien an einer Überdosis. Golowins eigene Werke sind typisch für die gewaltfreie, mystisch und philosophisch angehauchte Bewegung, die in Bern in den späten 60ern aufkam. Mysteriös, bisweilen nicht ganz einfach zu verstehen und dennoch faszinierend.
Die ungewöhnliche Beziehungen zwischen Friedrich Dürrenmatt, Sergius Golowin und Hells Angel Tino Schippert zeigen, dass die verschiedenen Strömungen der 68er-Bewegung, waren sie noch so unterschiedlich, doch auch Gemeinsamkeiten hatten. Die Freunde diskutierten teilweise Abende lang zusammen. Festgehalten wurde einige dieser besonderen Momente von der Fotografin Esther Pfirter.
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Die Fotografien wurden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom Schweizerischen Literaturarchiv SLA und der Schweizerischen Nationalbibliothek NB. Die Rechte liegen bei der Fotografin Esther Pfirter und ihrem Anwalt.