Keine generelle Preiserhöhungen, aber auch kaum Innovationen: die neuen Schweizer ÖV-Tarife. Fairere Preise und Arbeitsbedingungen für Anbau: Die Kakaoplattform. Geflüchtete aus prekären Lagerbedingungen herausholen: Die Refugee Law Clinic. Dies und mehr sind Themen der heutigen Infosendung:
Neue ÖV-Tarife
Gestern stellte die Branchenorganisation Alliance SwissPass die neuen Tarife für den öffentlichen Verkehr in der Schweiz vor. Trotz hohen Einnahmenverlusten wegen Corona sollen die Preise im kommenden Jahr nicht generell erhöht werden, es gibt jedoch einige Änderungen:
- Abschaffung des GAs für Studierende. Wer jünger als 26 ist, erhält neu 500.- Rabatt auf das «normale» Generalabonnement, unabhängig davon ob sie oder er studiert. Bis anhin konnten Studierende bis 30 Jahre von einem Rabatt von über 1200.- profitieren.
- Einführung GA-Monatskarte. Dazu braucht man neu kein Halbtax mehr.
- Rückerstattungen bei Verspätung. Kommen Reisende mehr als eine Stunde zu spät an ihrem Ziel an, so haben sie Anspruch auf eine Entschädigung. Diese beträgt 25% des Fahpreises bei einer Verspätung zwischen einer und zwei Stunden. 50% des Fahrpreises bei einer Verspätung über zwei Stunden.
- Vereinfachung der Kindertageskarte Kinder und Jugendliche bis zum 16. Geburtstag können die Kindertageskarte neu auch unbegleitet benutzen.
- Hinterlegung online. Wer sein GA eine Weile nicht brauchen möchte, kann dies kostenlos online anmelden. Der Gang zum Schalter ist nicht mehr nötig
- Änderungen Hunde-GA. Neu kostet dieses nur noch 350.-, ist jedoch nicht mehr übertragbar, sondern gehört zu einer bestimmten Halterin und einem bestimmten Hund.
«Wir hätten uns eine flächendeckendere Vergünstigung der Tickets gewünscht.» sagt Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz zu den neuen Tarif- und Ticketsystemen. Der ÖV in der Schweiz könne ab 2021 von günstigeren Infrastrukturpreisen profitieren, diese Vorteile würden nun aber kaum an die Kundschaft weitergegeben.
Ausserdem gäbe es kaum wirklich innovative Ideen, um die Kundinnen und Kunden wieder vermehrt in den öffentlichen Verkehr zu bringen. Dank der Digitalisierung gäbe es heute die Möglichkeit, ganz neue Konzepte einzuführen, wie zum Beispiel ein Halbtax, welches man am Wochenende als GA benützen könnte. Diese Chance habe die Alliance SwissPass jedoch verpasst.
Nachhaltiger Kakao – Genuss ohne bitteren Beigeschmack
Wer an die Schweiz denkt, denkt automatisch auch an Schokolade und somit an Kakao. Mit 5.5 kg pro Kopf hat die Schweiz im internationalen Vergleich einen der höchsten Verbrauche weltweit. Das bringt auch Verantwortung im Kakaogeschäft mit sich.
Auf traditionellen Kakaoplantagen werden Kleinbäuerinnen und Bauern oft ausgebeutet, Kinder müssen arbeiten oder Wälder werden abgeholzt. Dem gibt die Schweizer Plattform für nachhaltigen Kakao Gegensteuer: Sie vereint über 60 Schweizer Unternehmen und setzt sich für mehr nachhaltigen Kakao ein. Mit verschiedenen Projekten will die Plattform das Bewusstsein und die Nachfrage nach nachhaltigem Kakao steigern und so die Situation der Bauern und Bäuerinnen sowie der Umwelt verbessern. Die junge Plattform wurde im Januar 2018 gegründet – nun veröffentlichte sie den Geschäftsbericht für das Jahr 2019.
Der Bericht zeigt: Im Vergleich zu den Vorjahren konnte der nachhaltige Kakaoimport um 8 % auf 58% gesteigert werden. Bis im Jahr 2025 soll die Schweiz 80% der importierten Kakaos aus nachhaltigem Anbau beziehen. Um langfristig für mehr Nachhaltigkeit im Kakaogeschäft zu sorgen, sei insbesondere die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, den Regierungen und Hilfsangeboten vor Ort unerlässlich, sagt Geschäftsleiterin Christine Müller.
Wer aus dem Camp will, muss sich in Strassburg frei klagen
Rund 7000 geflüchtete Menschen sind derzeit im Auffanglager auf der griechischen Insel Samos untergebracht, dabei ist das ehemalige Gefängnis eigentlich nur für rund 700 Personen ausgelegt.
Die Folge davon sind katastrophale Lebensbedingungen: Die allermeisten Bewohner*innen haben kaum ein richtiges Dach über dem Kopf, sondern maximal ein Campingzelt, die Versorgung mit Wasser und Essen ist mangelhaft, mehrere Hundert Personen müssen sich eine Toilette teilen und es gibt wenig bis keine medizinische Betreuung.
Vorgestern reichte ein breites Bündnis an Organisationen eine Petition ein, welche die Evakuierung der Camps auf den griechischen Inseln fordert. Ausserdem soll die Schweiz möglichst viele Geflüchtete aus den Lagern aufnehmen, schliesslich sei die Zahl der Asylgesuche hierzulande auf einem historischen Tief.
Heute nun möchten wir euch ein Projekt vorstellen, welches besonders verletzliche Geflüchtete aus diesen Lagern herausholt. Der Weg dahin führt über den Europäischen Gerichtshof der Menschenrechte in Strassburg (EGMR). Die Refugee Law Clinic bietet kostenlose Rechtsberatungen für Geflüchtete an. Daneben klagt der Verein auch Einzelfälle beim EGMR ein, zum Beispiel wenn Schwangere im neunten Monat ohne Zelt, Matratze oder jegliche andere Unterstützung von den Behörden im Camp ihrem Schicksal überlassen werden. In 35 dieser Fälle hat der EGMR in einem Eilverfahren erklärt, dass die Unterbringung dieser Personen völlig unzumutbar sei. Somit konnten die Betroffenen in eine neue, besser Unterkunft ziehen, zum Beispiel in ein kleineres Lager auf dem Festland.
«Unsere Hoffnung ist, dass wir über die Zahl der Fälle, die wir vor den EGMR bringen, aufzeigen können, dass es sich um ein systematisches Problem handelt», sagt der angehende Jurist Philipp Schönberger von der Refugee Law Clinic in Berlin.
Wir danken Radio Dreyeckland in Freiburg für die Unterstützung bei der Realisierung dieses Beitrags.