Die Filme und Theaterstücke des Christoph Schlingensief polarisierten. Die einen sahen in ihm einen pubertären Provokateuren, die anderen einen genialen Film- und Theaterschaffender. 60 Jahre alt wäre er dieses Jahr geworden, wäre Schlingensief nicht im August 2010 viel zu früh aus dem Leben geschieden.
Zu seinem 10. Todestag hat Filmemacherin Bettina Böhler Christoph Schlingensief ein filmisches Porträt gewidmet. «Schlingensief – in das Schweigen hineinschreien», so der Titel der rund zweistündigen Dokumentation, ist ein intensiver Film geworden, in dem sich Böhler dem Ausnahmetalent zu nähern versucht. Dafür verwebt sie frühe Familienaufnahmen, Ausschnitte aus TV-Interviews und Talkshows, Aufnahmen von Theateraufzeichnungen, Performances und Fensehproduktionen und natürlich Ausschnitte aus Schlingensiefs eigenen Filme zu einem kaleidoskopartigen Ganzen.
Böhlers Film zeigt: Schlingensief war zeitlebens ein politischer Künstler und eine unbequeme Stimme. Provokativ und emotional hielt er in seiner Kunst der Gesellschaft den Spiegel vor und sorgte immer wieder für heftige Reaktionen beim Publikum. So etwa, als er Menschen mit geistiger Behinderung in einer TV-Show namens «Freakstars 3000» auftreten liess, die «Partei der Arbeitslosen und von der Gesellschaft Ausgegrenzten» gründete, im Rahmen eines Resozialisierungsprogramms eine Gruppe Neonazis in einem seiner Stücke einsetzte oder in Zürich die SVP verbieten wollte.
Als Schlingensief 2010 im Alter von gerade mal 49 Jahren aus dem Leben schied, ging mit ihm eine wichtige Stimme, die provokativ, emotional aber immer auch humorvoll und charismatisch herrschende Verhältnisse anprangert und den kulturellen und politischen Diskurs im deutschsprachigen Raum mitprägt hatte. Mit ihrem Dokumentarfilm hat Bettina Böhler dieser Stimme eine berührende Hommage beschert.
Der Beitrag zum Film:
«Schlingensief – in das Schweigen hineinschreien» ab 16.8. in den Kinos. Am 20.8. im Kino Rex Bern inklusive Gespräch mit Cihan Inan (Schauspieldirektor Konzerttheater Bern) und Dr. Beate Schappach, Institut für Theaterwissenschaft, Universität Bern