Laotse gilt neben Konfuzius als der chinesische Philosoph schlechthin, wenn es um Weisheit und Sinnsuche geht. Sein Leben und Werken im 6. Jahrhundert vor Christus sind mythenumrankt, wobei bis heute unklar ist, ob es Laotse überhaupt gegeben hat. Nichtsdestotrotz gilt er als Begründer des Daoismus, einer Weltanschauung, welche in China als eigenständige Religion angesehen wird und auch in unseren Kulturkreisen Anhänger*innen findet.
Was den Christen die Bibel ist dem Daoismus die Spruchsammlung Tao Te King, die insgesamt 81 Kurztexte umfasst. Irgendetwas zwischen Gebrauchsanweisung und mythischem Verstecken, seien diese Sprüche, sagt der Berner Musiker und Literat Balts Nill (Gründungsmitglied Stiller Has). Er wird es wissen, denn soeben hat Balts Nill unter dem Titel «Vo wäge DO» eine Mundart-Übersetzung der Sprüche des Laotse veröffentlicht. Er selber wäre nicht auf die Idee gekommen, ein Buch zu übersetzen, sagt Nill. Vielmehr habe er sich auf Anstoss von Bernhard Engeler vom Berner Verlag Lokwort vor 12 Jahren einige der Verse vorgeknöpft, die Sache dann aber wieder ruhen lassen.
Allerdings blieb Balts Nill ein Wurm im Ohr hängen, weswegen er sich im Verlauf der Jahre immer mal wieder der Spruchsammlung des Laotse annahm. Dessen Sprüche begleiteten ihn schon seit rund 40 Jahren, wobei sie ihm immer etwas rätselhaft geblieben seien, sagt Nill. «Das Übertragen in die eigene Sprache habe ich darum in erster Linie als spannende Übung empfunden, weil man dann Dinge plötzlich anders zu verstehen beginnt, einem Text quasi auf die Schliche kommt.»
im ghüder
gwinnsch der himel
im unglück
gwinsch d wält
verdrääit i de wort
ligt d warheit
Balts Nill Mundart-Übersetzung «vo wäge DO» ist wortkarg und prägnant. Einige der Sprüche sind klar deutbar und erschliessen sich einem sofort, andere wiederum verschliessen sich einer klaren Interpretation und sind gerade deswegen umso nachhaltiger.
Balts Nill über «vo wäge DO»:
DO
es läärs gfäss
für alls, wo
nid isch
u glych würkts
dür alles u jedes
kei ahning
– himel –
vo wo