In der heutigen Info-Sendung richten wir den Blick nach Norden, genauer in den Berliner Bezirk Neukölln, wo die Polizei offenbar Taten von Rechtsradikalen begünstigt. Den Podcast zur Sendung gibts hier:
«Die Polizei ist Teil des Problems»
Es habe keinerlei behördliche Fehler oder Unterlassungen bei den Ermittlungen gegeben. Zu diesem Schluss kommt ein am Montag 22. Februar veröffentlichter Bericht eines unabhängigen Gremiums, welches die Polizeiarbeit im Berliner Viertel Neukölln untersuchte. Anders sehen dies Aktivst*innen und Betroffene vor Ort, denn in den letzten fünf Jahren gab es über 70 rechte Anschläge. Die Rede ist von eingeschlagenen Scheiben, angezündeten Autos, Hakenkreuzsprühereien an den Wohnorten von Betroffenen bis hin zu Mordversuchen. Dabei werden die Anschlagsziele nicht willkürlich ausgewählt: Die Täter*innen suchen bestimmte Personen aus, die sie angreifen wollen, beobachten diese und sammeln Daten.
Die Opfer sind Neuköllner Bürgerinnen und Bürger, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, Einzelpersonen der migrantischen Community und ihre Geschäfte, sowie linke Läden und Personen. Frank Metzger vom Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Apabiz verdeutlicht an einem Beispiel die Zustände: « Der Mord an Burak Bektaş wurde 2012 nur ein knappes halbes Jahr nach der Selbstenttarnung des NSU verübt. Der 22-jährige Bektaş wurde nachts auf offener Strasse im Bezirk Neukölln erschossen, wo er sich mit einer Gruppe von Freunden aufhielt. Der Täter kam auf die Gruppe zu, zückte wortlos eine Pistole, schoss gezielt in die Gruppe und verschwand dann wieder. Burak verstarb direkt am Tatort, zwei seiner Freunde überlebten schwer verletzt.» Die Jugendlichen beschrieben später den Täter als älteren weissen Mann. Bis heute ist der Mord an Burak Bektaş nicht aufgeklärt worden.
Die Neuköllner Polizei gehe zu wenig entschieden gegen die Neonazis im Viertel vor, sagt Metzger. Auf Druck der Strasse hin hätten polizeiinterne Untersuchungen gar Verbindungen zwischen Behörden und rechten Strukturen in Neukölln aufgedeckt. Polizist*innen einer Neuköllner Polizeiwache würden an Tatorten von Brandstiftungen immer wieder metergrosse gesprühte Nazisymbole ignorieren. Ausserdem seien Daten von Betroffenen unberechtig abgefragt worden und dann bei Neonazis wieder aufgetaucht.
Vor gut zwei Jahren wurde auch auf Ferat Kocak ein Anschlag verübt. Der Neuköllner Aktivist und Lokalpolitiker engagiert sich seit vielen Jahren gegen Rechtsextremismus im Viertel. «Wir merken immer wieder, dass sich Nazis sehr wohl fühlen im Umfeld der Neuköllner Polizei und dass da persönliche Verbindungen bestehen. Wir fragen uns natürlich, was da im Hintergrund für Strukturen herrschen, welche Taten von Neonazis begünstigen und die Aufklärung verhindern. Es macht uns Angst, dass wir nicht von der Polizei geschützt werden, obwohl dies doch deren zentrale Aufgabe im Staatsapparat sein müsste.» Frank Metzger von Apabiz ergänzt: «Polizei und Verfassungsschutz sind nicht Teil der Lösung sondern Teil des Problems.»
Die Reportage von Radio Onda:
- Hier gehts zur Migrantifa Berlin
- Hier zum Pressearchiv Apabiz
- Und hier zu Basta Britz