Am kommenden Wochenende würden sich in den bequemen Sesseln des Kino Rex’ eigentlich Höraffine räkeln, denn es ist Sonohr Zeit. Das Radio und Podcast Festival Sonohr ist mittlerweile fester Bestandteil von Bern, wobei dessen Strahlkraft weit über die Hauptstadt hinausgeht.
Weil gemütliches Räkeln derzeit nicht möglich ist, hat das Sonohr sämtliche Hörbeiträge online zugänglich gemacht. Darunter sind auch drei Podcasts des Hauptstadtkulturprojektes en masse, die alle in unterschiedlicher Form die Stadt Bern ins Zentrum rücken.
Première bei Sonohr feiert beispielsweise #ankommeninBern von Urban Equipe, in dem die Frage ergründet wird, warum sich Menschen in der Hauptstadt zuhause fühlen oder eben nicht. Um möglichst viele Stimmen einfangen zu können, hat das Kollektiv Aufnahmegeräte an Menschen verschickt mit der Bitte, ihre ganz persönlichen Geschichten zu erzählen, die sie nach Bern geführt hätten. Daraus hat Urban Equipe eine Collage gezimmert, wobei die Erzählerin Gaggelööre (Antonia Steger von der auch das Konzept stammt) quasi als Reiseleiterin durch die Episoden führt.
Während #ankommeninBern praktisch ausschliesslich mit dokumentarischem Material arbeitet, werden in «Drgäge» von Pascal Nater und Carol Rosa Fiktion mit Dokumentation gekoppelt. Die beiden setzen sich mit Protestbewegungen in Bern auseinander, und zwar nicht bitterernst, sondern in einem satirischen und turbulenten Krimi. Darin steht eine Maschine im Zentrum, die revolutionäre Gedanken aufspüren kann und deswegen nicht zuletzt für den Geheimdienst von grossem Interesse ist. Nater und Rosa verweben fiktive mit historischen Protestbewegungen, wobei sie in ergänzenden Hintergrundepisoden auch Autor*innen, Wissenschaftler*innen und Politiker*innen zu Wort kommen lassen.
Ganz anders wiederum hat sich En-Masse-Projektleiterin Christina Baron der Stadt Bern genährt. In ihrem Podcast «Vom Verschwinden» nimmt sie die Zuhörerschaft mit in ein dystopisches Bern, in dem die Fenster der unbewohnten Sansteinhäuser wie leere Augen eine ausgetrocknete Aare überblicken und in dem das Thermometer im Sommer auf 40 Grad klettert. Nur noch ein paar wenige Menschen leben hier, wobei auch sie Gefahr laufen, bald einmal zu verschwinden. So wie es die Insekten vor Jahren schon taten.
Bern mal dystopisch-düster, mal satirisch-rebellisch mal aus der Perspektive von Ankommenden. Die Podcasts von «en masse» bieten die Möglichkeit, das eigene Zuhause einmal durch eine andere Brille zu betrachten. Schaden tut so was nie. Und wenn’s dann zusätzlich noch Hörvergnügen beschert, umso besser.
Das Radio und Podcast Festival Sonohr findet von 26. – 28. Februar 2021 statt, hier geht’s zu Programm und den Audiobeiträgen. Sämtliche insgesamt sechs Podcasts von «en masse» finden sich hier.