Freihandelsverträge versprechen Wohlstand und Wirtschaftswachstum für Alle – weltweit. Trotzdem stehen viele dieser Verträge, welche Handelshemmnisse zwischen zwei oder mehreren Staaten abbauen, in der Kritik. Das RaBe-Info hat im Rahmen der Tour de Lorraine 2017 verschiedene Aspekte des Freihandels und konkrete Beispiele unter die Lupe genommen.
Die Schweiz hat mit über 40 Ländern oder Staatengemeinschaften ein Freihandelsabkommen oder befindet sich in Verhandlungen. Die wichtigsten Abkommen sind EFTA – eine Freihandelsassoziation mit den anderen europäischen Nicht-EU-Staaten Island, Norwegen und Liechtenstein – und die bilateralen Abkommen mit der EU. Eine grosse Bedeutung hat der Freihandelsvertrag mit China, der einzige solche Vertrag, den die Volksrepublik mit einem europäischen Land bisher hat. Keinen Freihandelsvertrag hat die Schweiz mit den USA. Die Schweiz versucht jedoch als Trittbrettfahrerin bei einem allfälligen Abkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) dabei zu sein.
Seit Jahren gehen europaweit regelmässig Tausende von Menschen auf die Strasse, um das USA-EU-Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) zu stoppen. Hauptkritikpunkte sind die fehlende Transparenz der Verhandlungen und die Einführung von Schiedsgerichten, welche demokratische Prozesse ausser Kraft setzen können. Obwohl die Schweiz nicht EU-Mitglied ist, wären die lokale Bevölkerung und Wirtschaft von TTIP betroffen. Katrin Hiss hat darüber mit der JUSO-Präsidentin Tamara Funiciello gesprochen:
Obwohl Donald Trump in seinem Wahlkampf angekündigt hat, sich gegen Freihandelsabkommen zu wehren, könnten Verhandlungen zu TTIP wieder aufgenommen werden. Die Lobby-Beobachterin Pia Eberhardt von CEO glaubt nicht, dass ihr Widerstand gegen TTIP plötzlich Hilfe von Trump & Co. erhält:
Genauso umstritten wie TTIP ist TiSA (Trade in Services Agreement), ein Dienstleistungsfreihandelsabkommen, bei dem die Schweiz mit am Verhandlungstisch sitzt. Zwar ist der Abschluss des Vertrags bisher gescheitert, doch die Bedrohung insbesondere für den Service Public, also für öffentliche Dienstleistungen, bleibt in der Luft. Gemeinden und Kantone sollen Widerstand leisten und sogenannte TiSA-freie Zonen schaffen, wird von TiSA-KritikerInnen gefordert. Die Berner Stadträtin Katharina Gallizzi (Grünes Bündnis) kämpft für ein TiSA-freies Bern. Katrin Hiss hat mit ihr gesprochen:
Freihandelsabkommen wie TiSA gefährden die Qualität von öffentlichen Dienstleistungen. Ein Freihandelsvertrag kann dazu führen, dass ein Gesundheitswesen zwangsprivatisiert werden muss. Über diese Gefahr hat Lucia Vasella mit Martin Leschhorn Strebel von Medicus Mundi Schweiz. Medicus Mundi Schweiz ist ein Zusammenschluss von 51 in der internationalen Gesundheitszusammenarbeit tätigen schweizerischen Organisationen:
Die entwicklungspolitische Organisation der grossen Schweizer Hilfswerke Alliance Sud hat die Wirkung von Freihandelsabkommen untersucht. Sie zeigt, arme Länder profitieren – trotz Versprechen – meist wenig von solchen Verträgen. Profite machen vor allem grosse Konzerne und lokale Eliten. Michael Spahr hat darüber mit der Alliance Sud Handelsexpertin Isolda Agazzi gesprochen:
Ein gutes Beispiel dafür, wie Freihandel aus dem Ruder laufen kann, zeigt Radio LORA München. Der Afrika-Experte, Journalist und Attac-Aktivist Henning Hintze hat die Folgen der Economic Partnership Agreements zwischen der EU und afrikanischen Ländern untersucht. Dietmar Freitsmiedl hat ihn an der Veranstaltung „EU-Handelspolitik lässt Afrika verarmen“ getroffen:
Freihandelsverträge sind eine Chance für innovative Unternehmungen, die neue Märkte erschliessen wollen. Traditionelle Wirtschaftsbereiche wie zum Beispiel die Landwirtschaft stehen jedoch meist auf der Verliererseite. So könnte ein Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz, Malaysia und Indonesien dazu führen, dass Rapsöl eines Tages mit Palmöl ersetzt wird. Wilma Rall sprach mit Christian Felber über dieses Thema. Christian Felber hat im Auftrag der freihandelskritischen SALS – der Schweizerischen Vereinigung für einen starken Agrar- und Lebensmittelsektor – eine Bachelor-Arbeit verfasst:
Linke fordern bei Verhandlungen oft Menschenrechtsklauseln in Freihandelsverträgen: Wenn ein Land die Menschenrechte krass verletzt, soll der Freihandel ausgesetzt werden. Tatsächlich gibt es solche Klauseln – zum Beispiel im Freihandelsvertrag zwischen der EU und Mexiko. Allerdings sei diese Klausel ohne Wirkung, sagt Philipp Gerber vom Hilfswerk medico international schweiz. Michael Spahr sprach mit ihm:
Obwohl die Schweiz keine Kolonien besass, war sie doch in den Sklavenhandel verstrickt. Ein Stadtrundgang der Stiftung Cooperaxion zeigt anhand von verschiedenen Stationen auf, wie auch Menschen in Bern beim transatlantischen Dreieckshandel mitmischten.
An der Tour de Lorraine 2017 finden am Samstag, 21. Januar 2017, zahlreiche Workshops zum Thema Freihandel statt. In Zusammenarbeit mit RaBe organisiert die Tour de Lorraine am Freitag, 20. Januar 2017, die Protestaktion und das Radioballett Tanzen gegen TiSA.