Man stelle sich vor: hinter dem Bundeshaus erstreckt sich das weite blaue Mittelmeer, in der Matte gibt’s einen Hafen und einen Sandstrand, darüber kreisen Möwen. Alles, was daran erinnert, dass da einst noch mehr war, ist das Kirchenfeldinselchen, das mit seinem Leuchtturm aus den Meereswellen ragt. Eine Lüge? Vielleicht.
In seinem zweiten Roman «Wirbellos» verhandelt der Berner Schriftsteller Giuliano Musio Themen wie Lügen, Schuld und Feigheit. Dafür verlegt Musio nicht nur Bern ans Meer, sondern schafft einen Protagonisten, der einem nicht wirklich sympathisch ist: der 22-jährige Martin Schwammer, welcher aus der Provinz ins Berner Mattehofquartier gezogen ist und hier einer 19 Jahre älteren Frau nachstellt. Bald einmal wird klar, dass Martin dies nicht, wie er vorgibt, aus amourösen Gründen tut, sondern weil er ein dunkles Geheimnis mit sich herumträgt.
Als Wirbellose werden Tiere bezeichnet, die über kein Rückgrat verfügen. Die Analogie zu Martin ist offensichtlich, denn er ist schwach und feige, weil er nicht für eine vergangene Tat einstehen will. Vielmehr baut er ein beachtliches Lügenkonstrukt auf, in welchem er allerdings selber die Übersicht zu verlieren droht.
Im Interview mit RaBe erzählt Giuliano Musio, woher seine Faszination für wirbellose Tiere stammt und welche Rolle das Lügen in seinem eigenen Leben spielt.
DO 3.10.19 Buchtaufe «Wirbellos», Café Kairo, 20:30 Uhr