Heute dreht sich im Info alles um das menschliche Genom: Wir fragen nach, welche Chancen und Risiken DNA-Analysen in der Polizeiarbeit bergen und wir sprechen mit einem Schriftsteller und Verleger unter anderem über die Veröffentlichung seiner DNA in Papierform:
Neuartige DNA-Analysen bei polizeilichen Ermittlungen
Seit rund 30 Jahren bereits arbeitet die Polizei im Rahmen ihrer Ermittlungstätigkeit mit DNA-Analysen. Dabei sammelt sie DNA-Spuren am Tatort, vergleicht sie mit der DNA-Datenbank und schaut, ob es einen Treffer gibt. Neu soll die Polizei zusätzlich so genannte DNA-Phänotypisierungen machen können. Dabei lassen sich aus Tatortspuren nicht nur die Augen-, Haar-, und Hautfarbe von möglichen Verdächtigen bestimmen, sondern auch der grössere geographische Raum, aus welchem die Person stammen könnte. Laut Adelgunde Kratzer, Leiterin der Forensischen Genetik am Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich liegt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Resultate von DNA-Phänotypisierungen zutreffen, je nach Merkmal bei durchschnittlich zwischen 70 und 95 Prozent.
Laut dem aktuellen DNA-Profil-Gesetz darf die Polizei mittels DNA-Phänotypisierung einzig das Geschlecht einer Person feststellen. Die Forderung, diese Methode auf weitere Merkmale zuzulassen, wurde erstmals 2015 laut, nach dem grausamen Verbrechen an einer jungen Frauen im luzernischen Emmen, wo der Täter nie gefunden werden konnte. Mit dem neu überarbeiteten DNA-Profil-Gesetz soll der Katalog nun auf die oben erwähnten Merkmale ausgeweitet werden.
Die Genetikerin Adelgunde Kratzer zeigt sich aufgrund der hohen Treffsicherheit der Methode, und weil die daraus gewonnenen Erkenntnisse nicht vor Gericht gelten, sondern lediglich die Ermittlungstätigkeit der Polizei erweitern sollen, wenig skeptisch gegenüber dem Gesetzesvorschlag. Sie gibt jedoch zu Bedenken, dass die Erwartungen an die neue Methode wohl zu hoch seien, weil sich damit keine Phantombilder erstellen lassen. Weit skeptischer zeigt sich Malte Gruber, Leiter des Instituts für Rechtsphilosophie und Wirtschaftsrecht an der Universität Luzern. Gruber warnt vor der Gefahr von ethnical pofiling, sprich dass dadurch künftig ganze Menschengruppen in den Fokus von polizeilichen Ermittlungen geraten könnten. Besonders heikel sei, dass sie zur geographischen Herkunft nicht absolut zuverlässige Hinweise liefern könne.
Daher fordert Gruber eine enge Begrenzung der DNA-Phänotypisierung nicht nur auf bestimmte Merkmale, sondern auch auf bestimmte schwere Straftaten wie Mord oder Sexualverbrechen. Laut der aktuellen Gesetzesvorlage soll die Methode jedoch selbst bei Diebstahl eingesetzt werden können.
Die Vernehmlassung zum neuen DNA-Profil-Gesetz ist abgelaufen. Wie das Gesetz am Ende ausgestaltet wird, entscheiden Bundesrat und Parlament.
Die Chancen und Risiken der DNA-Phänotypisierung wurden im Rahmen einer Studie der Schweizer Stiftung für Technologiefolgen-Abschätzung TA-SWISS genauer unter die Lupe genommen. Die Studie widmet sich einer ganzen Vielzahl von neuen Anwendungen von DNA-Analysen.
Die menschliche DNA auf 172 A4-Seiten
Hartmut Abendscheins Verlag edition taberna kritika in Biel erhält den diesjährigen Spezialpreis der Literaturkommission der Stadt Bern. Heute Mittwoch hätte die Preisverleihung stattfinden sollen, wäre sie nicht der Coronakrise zum Opfer gefallen.
Die Berner Literaturkommission ehrt den Verlag «für sein Engagement für experimentelle, konzeptuelle und visuelle Textformen und Literaturen der Ränder», wie sie schreibt.
Ebendies zeichnet auch Hartmut Abendscheins eigenes künstlerisches Schaffen als Schriftsteller aus. Dies zeigt sich unter anderem an seinem Werk «Author DNA», welches Abendscheins persönlichen genetischen Code enthält. All seine C, T, A und Gs, die 4 Bausteine, welche die menschliche DNA ausmachen, finden sich auf 172 kunstvoll gestalteten A4-Seiten. Er arbeite viel mit Allegorien, so Abendschein, mit bildlichen Darstellungen von abstrakten Begriffen. Fasziniert habe ihn an der menschlichen DNA insbesondere das rohe Zeichen- und Datenmaterial, wie umfangreich das sei und wie es aussähe, wenn man das Material in eine Buchform verwandle.
Mit dem Buchprojekt war sein DNA-Projekt aber bei weitem noch nicht abgeschlossen. Hartmut Abenschein liess seine DNA von 16 internationalen Sprecher*innen einer text-to-speech Software einlesen, woraus Spoken Author DNA entstand.
Hartmut Abendscheins Werke sprühen vor Kreativität. Sie sind dadaistisch, ein bisschen verrückt auch. Entstehen würden sie ebenso durch spontane Einfälle wie durch intensive Konzeptarbeit, sagt der Künstler. Er sei stets am Sammeln von unterschiedlichstem Material, von Texten und Strukturen, welche er dann in Kunst verwandle.