Es habe hausintern für Stirnrunzeln gesorgt, dass sie bei den Porny Days ein Referat zu einem Pornofilm halte, sagt Monika Dommann, Professorin für Geschichte der Neuzeit an der Uni Zürich. Dabei sei Deep Throat für sie ganz einfach eine spannende historische Quelle, an der sich gleich mehrere Skandalmomente festmachen liessen.
Tatsächlich sorgte Deep Throat von Regisseur Gerard Damiano für rote Köpfe und hitzige Debatten an mehreren Fronten, als er 1972 als erster Pornofilm überhaupt in Mainstream-Kinos gezeigt wurde. Die New York Times half mit, den Film quasi salonfähig zu machen, indem sie diesen unter dem Titel «Porn Chic» besprach und ins Bewusstsein einer breiten Leserschaft rückte.
Der Plot von Deep Throat könnte absurder nicht sein: Linda ist frustriert, weil sie noch nie einen Orgasmus erlebt hat. Auf den Rat ihrer besten Freundin sucht sie einen Arzt auf, der feststellt, dass bei Linda die Klitoris nicht Teil der Vulva ist, sondern tief in ihrem Rachen steckt. Um einen Orgasmus zu erleben, muss Linda also Oralsex mit Männern praktizieren.
Dass der Film eine patriarchale, machistische und heteronormative Männefantasie bediene, sei nicht von der Hand zu weisen, sagt Monika Dommann. Immerhin werde aber die Klitoris als weibliches Lustzentrum in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, was auch in Zusammenhang stehe mit der Frauenbewegung und der sexuellen Revolution der frühen 1970er-Jahre.
Spannend seien auch die Produktionsbedingungen des Filmes, sagt Dommann. Deep Throat ist ein Low-Budget-Movie, der mit gerade mal 23’000 US-Dollar gedreht wurde. Schätzungen gehen davon aus, dass er bis zu 600 Millionen Dollar eingespielt haben dürfte, womit Deep Throat der profitabelste Film überhaupt wäre. Gleichzeitig berichtete Hauptdarstellerin Linda Boreman in ihrer 1980 veröffentlichen Biografie «Ordeal» von Zwang und Vergewaltigung auf dem Filmset. Ausserdem rief der Streifen die Zensurbehörde auf den Plan, weswegen er in mehr als der Hälfte aller Bundesstaaten nicht gezeigt werden durfte. Zudem wurde Hauptdarsteller Harry Reems aufgrund von Massnahmen des FBIs zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, die dann allerdings in zweiter Instanz wieder aufgehoben wurde.
Das einzig wirklich Lustige an Deep Throat sei die filmische Umsetzung eines weiblichen Orgasmus, sagt Monika Dommann. «Da wurden Bilder von Glocken, Feuerwerk und Raketenstarts in schnellen Schnitten parallel montiert.» Für die Raumfahrtbilder sei Regisseur Damiano offenbar extra nach Washington gefahren. Schliesslich sei es auch die Zeit der Raumschifffahrt gewesen, auf welche die Amerikaner besonders stolz gewesen seien.
Der Audio-Beitrag mit Interviewausschnitten:
«Deep Throat» mit Referat von Geschichtsprofessorin Monika Dommann wird im Rahmen der Porny Days gezeigt, welche am 27. und 28.11.20 im Kino Riffraff in Zürich stattfindet. Die Porny Days vereinen Filme, Performances, Paneldiskussionen, Lesungen, Workshops und Kunst zum Thema Körperlichkeit und Sexualität und wollen damit einen Kontrapunkt setzen zu Mainstream-Pornografie und Neo-Prüderei. Das ganze Programm gibt’s hier.