Warum geht die Offenlegungspflicht für Banken und Versicherungen nicht weit genug und wer sind die «Grauen Wölfe»? Diese und andere Fragen behandeln wir in der heutigen Infosendung:
Klimabezogene Finanzrisiken offenlegen!
Banken und Versicherungen müssen ihre Eigenmittel offenlegen – im Nachgang zur Finanzkrise von 2008 wurden diese Regeln verschärft. Seit 2013 gilt die neue Eigenmittelverordnung, das ist die Schweizerische Umsetzung der sogenannten Basel III Regeln. Mit diesen neuen Regeln wird mehr Transparenz ins Bankgeschäft gebracht, mit dem Ziel, dass sich Banken bei einer weiteren Krise aus eigener Kraft stabilisieren können und nicht noch einmal einen Rettungsschirm vom Staat brauchen.
Nun will die eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA diese Offenlegungspflicht erweitern: Wohl auch wegen des Drucks von der Strasse sollen Banken und Versicherungen neu Informationen zu «klimabezogenen Finanzrisiken» ausweisen müssen. Mit diesem Schritt soll der Finanzplatz Schweiz nachhaltiger werden.
Eigentlich ein hehrer Plan. Doch Actares – Aktionär*innen für nachhaltiges Wirtschaften – kritisiert die Strategie der FINMA als zu wenig ambitioniert. «Frankreich zum Beispiel hat diesbezüglich schon sehr weitreichende Regelungen», sagt Tobias Oetiker, der sich in der Arbeitsgruppe Banken und Versicherungen bei Actares engagiert. Die Schweiz sei mit dem Vorschlag der FINMA eine Nachzüglerin und positioniere sich maximal im Mittelfeld was Transparenz in Sachen nachhaltige Banken betreffe.
Die FINMA plant, dass die Offenlegungspflicht nur neun grosse Banken und Unternehmen betreffen soll. Actares spricht sich hingegen dafür aus, dass auch Unternehmen mittlerer Grösse Auskunft geben müssen, also Unternehmen der sogenannten Aufsichtskategorien 3 und 4. Ausserdem fordert Actares, dass die FINMA konkrete Kennzahlen von den Finanzinstituten verlangen solle und nicht bloss «quantitative Informationen», was ein schwammiger Begriff sei.
Gestern hat die FINMA die Anhörungen zum Thema abgeschlossen. Sie wird nun ein sogenanntes Rundschreiben ausformulieren, welches die konkreten Schritte für mehr Transparenz beinhaltet. Für diese neuen Regelungen braucht es keine Gesetzesänderung.
Wer sind die «Grauen Wölfe»?
Hinter der tierischen Bezeichnung «Graue Wölfe» verbirgt sich eine faschistische Bewegung aus der Türkei. Sie hat auf der ganzen Welt ihre Anhänger*innen, laut einem Kenner der Szene, Hakan Gürgen, seien es alleine in der Schweiz über 10’000. Ihr Ziel: Ein grosstürkisches Reich, vom westlichen China bis zum Balkan, frei von Minderheiten wie Kurdinnen, Juden, Aleviten oder Armenierinnen. Dabei schrecken sie auch vor Mordserien zurück: In der Türkei gab es mindestens drei Pogrome im Namen der «Grauen Wölfe» und auch in Mitteleuropa wurden Dutzende Andersdenkende Opfer der Gruppierung.
Zuletzt waren die «Grauen Wölfe» in den Schlagzeilen als Frankreich die Bewegung verboten hat. Dieses Verbot müsse man laut Gürgen jedoch in einem grösseren, geopolitischen Kontext einordnen. «Im Norden Afrikas zeigt die Türkei ihre imperialistischen Bestrebungen. In Libyen steht sie der französischen Armee sogar direkt gegenüber. Das Verbot der Grauen Wölfe in Frankreich hat definitiv auch mit diesen diplomatischen Spannungen zu tun.»
Seit einigen Jahren verwischt sich die Grenze zwischen der faschistischen Gruppierung und der türkischen Regierung. Die MHP, die Partei der Ultranationalisten, bildet seit 2018 eine Koalition mit Präsident Recep Tayyip Erdoğans AKP. Gemeinsam verfügen sie im Parlament über eine Mehrheit. Somit sei die Ideologie der «Grauen Wölfe» nun auch in den obersten Rängen des türkischen Staates angekommen.
Zum Weiterlesen: Der Politikwissenschaftler Ismail Küpeli hat auf Freitag.de einen Artikel mit dem Titel Toxische Trugbilder über die «Grauen Wölfe» verfasst.