In Basel werden Klimaaktivist*innen im Bankenprozess freigesprochen, Jugendliche leiden in der Corona-Krise unter Stigmatisierung und der russische Oppositionelle Alexej Nawalny veröffentlich einen Recherche-Film über Wladimir Putins Reichtum. Den Podcast zu unsere Infosendung gibst hier:
Bankenprozesse in Basel: Freispruch in allen Anklagepunkten!
Für die Schweizer Klimabewegung ist es der bislang grösste Sieg in diesem Jahr.
Am vergangenen Freitag fiel in Basel das Urteil gegen fünf Klimaaktivist*innen, die im Sommer 2019 den Hauptsitz der UBS blockiert hatten. Gerichtspräsidentin Susanne Nese hat alle Beschuldigten freigesprochen.
Richterin Nese folgte weitgehend der Argumentation der Verteidigung, wie sie unter anderem Rechtsanwalt Noll in seinem Plädoyer dargelegt hatte: «Mit ihrem Interesse am Überleben des Planeten haben die Aktivist*innen das höchste berechtigte Interesse, das man überhaupt wahrnehmen kann.» Zudem habe es sich um eine «gewaltfreie und bedachte Aktion» gehandelt, so die Gerichtspräsidentin.
Das Urteil gilt auch für rund 50 weitere Personen, die ebenfalls auf der Anklagebank sassen. Für die Basler Staatsanwaltschaft ist das Urteil eine derbe Schlappe. Ursprünglich hatte sie gegen die Aktivist*innen Strafbefehle mit Geldbussen von bis zu 150 Tagessätzen erhoben. Vorgeworfen hat sie ihnen unter anderem Sachbeschädigung, Nötigung und Landfriedensbruch. Dagegen haben sich die Klimaaktivist*innen vor Gericht nun erfolgreich gewehrt.
Es ist das erste Urteil in einer Serie von Gerichtsprozessen nach den Protestaktionen vor der UBS und der Crédit Suisse im Sommer 2019. Die nächsten Prozesse werden noch dieses Jahr in Zürich und Genf erwartet. Frida Kohlmann vom Collective Climate Justice zeigt sich im Gespräch mit RaBe hocherfreut über das Urteil.

Erleichterung unter den Klimaaktivist*innen nach der Urteilsverkündigung in Basel. (Bilder: Collective Climate Justice)
Berner Jugend wird stigmatisiert
Aufgrund der Corona-Massnahmen leiden immer mehr Kinder und Jugendliche unter Einsamkeit, Zukunftsängsten und depressiven Zuständen. Das belegen mittlerweile nicht nur zahlreiche Berichte von psychologischen Fachkräften, sondern auch wissenschaftliche Studien.
Dennoch seien die Jugendlichen derzeit kaum involviert in den öffentlichen Diskurs rund um Corona – Im Gegenteil: Vor allem in den Medien würden sie eher stigmatisiert, als dass man sie zu Wort kommen liesse. Das sagt die Offene Jugendarbeit der Stadt Bern (toj) Negative Schlagzeilen über Jugendliche Gruppierungen, die im öffentlichen Raum für «Probleme» sorgen, häufen sich. So auch in der Stadt Bern.
Mit dieser Stigmatisierung müsse nun Schluss sein, fordert toj. «Denn damit wird der Akzeptanz und Toleranz von Jugendlichen im öffentlichen Raum nur noch mehr Schaden zugefügt», erklären die Jugendarbeiter*innen Nicole Joerg-Ratter (Geschäftsführerin toj) und Evelyne Grieb (Teamleiterin Bern West) im Gespräch mit RaBe.
Die toj-Jugendarbeitenden versuchen mit ihren Angeboten, die negativen Auswirkungen der Corona-Krise auf Jugendliche abzufedern. Bestehende Beziehungen zu den Jugendlichen sollen aufrechterhalten und Beziehungen zu neuen Nutzer*innen, die besonders vulnerable sind und Unterstützung brauchen, aufgebaut werden. Der toj setzt sich anwaltschaftlich für die Anliegen der Jugendlichen in der Stadt Bern ein und gibt ihnen eine Stimme.
In einem aktuellen Blogbeitrag des toj’s erzählen Jugendliche was die Coronazeit mit ihnen macht und wie es ihnen geht.
Alexej Nawalnys Dok über Putin
Letzte Woche veröffentlichte der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny eine ausführliche Recherche zum Reichtum des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Nawalny, wir erinnern uns, wurde vergangenen August vom russischen Geheimdienst vergiftet und überlebte nur knapp.
Der Film «Ein Palast für Putin. Die Geschichte der grössten Bestechung» wurde bis anhin fast 100 Millionen mal aufgerufen. Er zeigt das geheime Anwesen des russischen Präsidenten, ein Anwesen welches rund 1.2 Milliarden Franken gekostet haben soll. Darauf befinde sich ein regelrechter Palast im Stile Versailles, mit Spa-Bereich, Casino, Theater, Cocktail-Lounge, Fitnesscenter, Kampfsportraum, Shisha-Bar mit Poledance-Stange, Billardraum etc. Alles ausgestattet mit den exklusivsten Luxusmöbeln – ein Tisch alleine soll rund 50000 Franken gekostet haben. Daneben gäbe es zwei Helipads, ein unterirdisches Eishockeystadion, ein Amphitheater, eine Kirche, eine Austernfarm und verschiedene Weingüter.
Doch das wirklich brisante im Film Nawalnys sind die Recherchen, wie Putin überhaupt zu solchem Reichtum gekommen sei soll, eine Geschichte, die bis in die Mitte der 80er-Jahre zurückführt, als Wladimir Putin als KGB-Agent in Dresden arbeitete. In akribischer Kleinarbeit stellt Nawalny die Gefährten vor, die Putin bei seinem Aufstieg bis zum Staatspräsidenten unterstützt haben und wie sich die verschiedenen Seilschaften bereichern und gegenseitig schützen. So habe Putin unter anderem über einen Freund Anteile am Schweizer Rohstoffunternehmen Gunvor und lasse gleichzeitig vier der fünf grössten russischen Ölunternehmen ihre Rohstoffe über ebendiesen Konzern in Genf verkaufen.
Weitere wichtige Akteure im Netzwerk Putins sei die Familie des ehemaligen russischen Präsidenten Jelzin, ein deutscher Banker, der in den Verwaltungsräten von verschiedenen grossen russischen Firmen sitzt und Putins Grossneffe, dessen Namen als Strohmann immer wieder auftaucht.
All diese verschleierten Besitzverhältnisse rekonstruiert Nawalnys Film haargenau – stellenweise sind diese Verbindungen jedoch schwer nachzuvollziehen, wenn man die grossen Namen der russischen Politik und Wirtschaft nicht kennt. Ausserdem spricht Nawalny sehr schnell; es ist klar, dass der Film auf ein russisches Publikum abzielt, welches keine Untertitel braucht. So erstaunt es denn auch nicht, dass «Ein Palast für Putin. Die Geschichte der grössten Bestechung» auf einer Ebene bleibt, in der sich die Zuschauer*innen persönlich betroffen fühlen sollen: Selbst müssen Russinnen und Russen ihren Alltag während einer andauernden Wirtschaftskrise mit knappem Portemonnaie bestreiten, wohingegen ihr Präsident im Luxus schwelgt. Andere Aspekte von Putins 20-jähriger Herrschaft werden im Film nicht thematisiert: Weder seine aggressive Aussenpolitik, noch die Repression gegen Andersdenkende innerhalb des eigenen Staates.