Kein Wort, kein Laut, nur Stille – und doch so viel, das damit kommuniziert wird. Was kann Schweigen bedeuten? Haben wir verlernt, zu schweigen? Und was bewirkt längeres, bewusstes Schweigen ? Wir reden eine halbe Stunde lang übers Schweigen.
– ganze Sendung –
Schreiben übers Schweigen – ein kollektives Gedicht
Sechs Personen verschiedenen Alters haben ihre Gedanken zum Thema Schweigen aufs Papier gebracht. Entstanden ist folgendes Gedicht:
Sie schaut weg. Uni, Wochenende, Haustiere, alles schon besprochen. Mein Körper wird warm, die Nervosität steigt. Sie könnte ja auch etwas sagen. Sekunden dehnen sich wie Kaugummi. Warum sagt sie nichts? Sag was, du oder ich! Endlich, Bus hält, Kopfhörer, ciao!, Musik übertönt meine Gedanken und ich gehe schweigend die verregnete Strasse entlang.
schmatzende schuhsohlen auf nassem asphalt
verzerrte spiegelungen von wabernden lichtern in schwarzen pfützen
kühlende böen und kaltnasse tropfen auf meinem gesicht
ganz ohr
und auge
und haut
im hier, jetzt
dann wieder gefühl, gedanke
rückzug in mich, in andere zeit
im schweigen bin ich ein pendel zwischen innen und aussen
Draussen stehen Menschen Schlange. Wir rennen und versuchen allen zu helfen, wir tun unser bestes. Da ist ein Mann, in seinen Augen die Todesangst, weil ihn das Virus hat. Es verschlägt mir die Sprache. Wir sind hilflos.
Das haben wir zuerst gedacht. Doch dann brachen wir unser Schweigen und redeten. Unsere Familie half uns aus der Patsche. Schweigen ist wohl nicht immer die beste Lösung, gerade wenn uns etwas belastet. Und doch muss jeder für sich selber entscheiden, ob er schweigen will, oder nicht.
… Reden ist silber, Schweigen ist gold. In vielen Situationen in meinem Leben habe ich dieses Sprichwort schon angewendet und es war eine gute Verhaltensweise.
Jedoch stelle ich mir hin und wieder die Frage, ist schweigen wirklich gold – oder manchmal auch einfach nur feige?
Feigheit, so nennen sie die begründet glühende Furcht in unseren Augen. Die Angst, dass folgt auf die unseren Worte, so klar, so unberührt, so rein wie Tropfen des beginnenden Regens, ein Schwall so erdrückend. Und die unseren verblassen. Also lasse ich meine Seele ruhen. Und die verschwiegenen Tropfen reflektieren ein “danke”.
Schweigen ist gold
„Im Alter hat man endlich genug Zeit zu Schweigen. Und all die Gedanken, die man noch nicht fertiggedacht hat, wieder hervorzuholen“, sagt eine Bewohnerin des Altersheim Mon Soleil in der Länggasse. Irene Müller hat drei Bewohnerinnen getroffen und von ihnen erfahren, warum für sie das Schweigen von unschätzbarem Wert ist.
Psssst – und das tagelang
In Schweigeretreats treffen sich Menschen, um tagelang miteinander zu schweigen. Total entspannend? Nicht nur, Schweigeretreats sind für viele Menschen durchaus auch eine Herausforderung. Warum es sich aber lohnt und welche positiven Auswirkungen so ein Retreat auf den Alltag haben kann, bespricht Stefan Lang, buddhistischer Meditationslehrer, mit Susanne Grädel.
Apropos:
Buchtipp zum Sendungsthema von Anna Christen aus der Buchhandlung Klamauk: Hör mir zu, auch wenn ich schwiege – Abbie Greaves