Mitte April ist im Sudan ein blutiger Machtkampf zwischen der Armee und der mächtigen paramilitärischen Gruppe RSF ausgebrochen. Am stärksten betroffen ist nun einmal mehr die Bevölkerung in der Region Darfur im Westen des Landes.
Seit Wochen greifen mit den RSF verbündete arabische Milizen nicht-arabische Bevölkerungsgruppen an, plündern und morden. Zehntausende, darunter viele Masalit sind in den benachbarten Tschad geflüchtet. Es besteht die Gefahr, dass die identitätsbasierte Gewalt, welche in den letzten Wochen in Westdarfur ausgebrochen sei, sich nun auf weitere Regionen in Darfur ausweite, sagt Gerrit Kurtz, Wissenschaftler bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin mit dem Forschungsschwerpunkt Sudan.
Darfur ist in den letzten 20 Jahren nie zur Ruhe gekommen, so Kurtz. Nun habe der auf nationaler Ebene ausgebrochene Machtkampf den schwelenden lokalen Konflikt in Darfur erneut massiv verschärft. Zudem verliere die RSF-Führung in Sudans Hauptstadt Khartum zunehmend die Kontrolle über ihre verbündeten Milizen, welche mittlerweile ihre eigene Agenda verfolgten, geprägt von der Überlegenheit der arabischen Gruppen.
Die aktuelle Lage in Darfur erinnert an den Krieg vor 20 Jahren. Damals sprach die US-Regierung vom ersten «Völkermord» des 21. Jahrhunderts. Die internationale Gemeinschaft zögerte lange, um nach einem internationalen Aufschrei schliesslich zumindest punktuell zu intervenieren.
Viele Sudanes*innen und Sudan-Expert*innen befürchten, dass sich die Geschichte in Darfur nun wiederholt. Alleine die Zahl der Vertriebenen seit April 2023 sei aktuell schon beinahe so hoch, wie sie während der intensivsten Zeit des Krieges vor 20 Jahren war. Zu erwarten seien zudem massive humanitäre Konsequenzen, wie Hungersnöte und medizinische Unterversorgung.
Im Vergleich zu den 2000er Jahren rechnet Gerrit Kurtz indes aktuell nicht mit einem koordinierten Eingreifen der internationalen Gemeinschaft. Aufgrund des gespalteten UN-Sicherheitsrat sei ein gemeinsames, entschiedenes Vorgehen sehr unwahrscheinlich. Zudem sei die Situation in Darfur aufgrund der diversen am Krieg beteiligten Akteuren noch komplexer als damals, womit sich auch die Suche nach den «richtigen» Verbündeten als sehr schwierig gestalte. Unwahrscheinlich sei ein internationales Eingreifen nicht zuletzt auch aufgrund der Erfahrungen aus der letzten gescheiterten UN-Friedensmission, so Kurtz.