Heute im Info kommen wir zum dritten Teil unserer Ständerats-Serie: Wie stehen die Kandidat*innen zur Konzernverantwortungsinitiative? Dann besuchen wir das Historische Museum und dessen neue Ausstellung, welche die Geschichte der Migration beleuchtet und zum Schluss schauen wir noch nach Chile und fragen ob die Zugeständnisse des Präsidenten an die Protestbewegung ausreichen.
Berner Ständeratswahlen: Konzernverantwortungsinitiative
Der zweite Wahlgang der Berner Ständeratswahlen steht vor der Tür. Am Sonntag, 17. November wählen die Berner*innen ihre Vertretung in der kleinen Kammer des nationalen Parlaments. Vier Kandidat*innen stellen sich zur Wahl: Nationalrätin Regula Rytz von den Grünen, SVP-Nationalrat Werner Salzmann, der amtierende SP-Ständerat Hans Stöckli und FDP-Nationalrätin Christa Markwalder. (Fotos: parlament.ch)
In einer dreiteiligen Serie befragen wir die Kandidat*innen zu hängigen Initiativen: Die Pflegeinitiative, die Fairpreis-Initiative und die Konzernverantwortungsinitiative. Zudem baten wir sie um eine kurze Stellungnahme zu weiteren 6 Volksinitiativen, die laut Bundeskanzlei aktuell im Parlament hängig sind. Sämtliche Antworten gibt’s hier.
Teil 3: Konzerninitiative
Die Konzernverantwortungsinitiative will international tätige Schweizer Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen. Die Unternehmen und ihre Tochterfirmen sollen auch im Ausland Menschenrechte und Umweltstandards respektieren. Sie sollen zu einer Sorgfaltsprüfung verpflichtet werden und bei Verstössen auch ihrer Tochterfirmen haften.
Werner Salzmann, Ständeratskandidat der SVP kann der Initiative überhaupt nichts abgewinnen. Die Mehrheit der Schweizer Firmen seien sich ihrer gesellschaftlichen und ökologischen Verantwortung bewusst. Sie unter Generalverdacht zu stellen, sei falsch. Zudem trügen sie zur wirtschaftlichen Entwicklung und zur Verminderung von Armut in den Entwicklungsländern bei. Sowohl die Initiative als auch der Gegenvorschlag schwäche die Unternehmen und erhöhe die Gefahr, dass die Firmen abwandern. Auch FDP-Ständeratskandidatin Christa Markwalder ist der Meinung, die Initiative gehe zu weit. Dass Schweizer Konzerne Menschenrechte und Umweltstandards auch im Ausland einhalten sollen, sei für sie eine Selbstverständlichkeit. Viele Unternehmen hätten eigene Leitbilder und Corporate Responsibility-Programme. Zudem stört Markwalder die relativ weit gefasste Haftungsklausel. Um eine Abstimmung über die Initiative zu verhindern, unterstützt sie jedoch den nationalrätlichen Gegenvorschlag, den auch die Initiant*innen akzeptiert und ihre Initiative wohl zurückgezogen hätten.
Ein taktisches Manöver verhinderte jedoch kurz vor den Wahlen die Debatte im Ständerat über den Gegenvorschlag, weil FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter im letzten Moment nochmals einen neuen, stark abgeschwächten Vorschlag ins Spiel brachte und so der bürgerlichen Ständeratsmehrheit ermöglichte, den nationalrätlichen Gegenvorschlag nochmals an die Kommission zurückzuweisen. Was jetzt passiert, sei also wieder völlig offen, nervt sich SP-Ständeratskandidat Hans Stöckli. Er unterstützt die Anliegen der Initiant*innen und hofft, dass der Gegenvorschlag nicht noch stärker verwässert werde, so dass es dann doch noch zur Abstimmung komme. Falls der Kompromissvorschlag scheitere und die Initiative zur Abstimmung komme, werde sie sie unterstützen, so Regula Rytz von den Grünen. Das Parlament hat noch bis April 2020 Zeit sich zu einigen.
Homo Migrans
Schaut man die Schweizerische Fussballnationalmannschaft an wird klar: die meisten der Spieler haben ausländische Wurzeln und praktisch alle von Ihnen arbeiten nicht in der Schweiz, sondern bei Clubs in Portugal, Deutschland und England. Viele sind also moderne Arbeitsmigranten. Die Trikots der Spieler der Schweizerischen Nationalmannschaft hängen derzeit auch im Bernischen Historischen Museum. Dieses widmet dem Thema Migration die Ausstellung Homo Migrans – Zwei Millionen Jahre unterwegs. Darin werden an insgesamt 11 unterschiedlichen Stationen Aspekte der Migration aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Die Ausstellung schlägt dabei einen grossen zeitlichen Bogen, beginnt sie doch beim ersten Menschen in Afrika und folgt diesem bei seiner Verbreitung bis in die Schweiz.
Ausgestellt sind insgesamt 200 Objekte aus der Sammlung des Bernischen Historischen Museums, darunter Gemälde, Werkzeuge, Kleider, Bücher, Schriftstücke, Teppiche und Maschinen. Audio- und Videoinstallationen dokumentieren persönliche Schicksale etwa von italienischen Gastarbeitern, französischen Zuckerbäckern oder Schweizere Söldnern, derweilen Karten und Grafiken Zahlen und Migrationsrichtungen visualisiern.
Sämtliche 11 Stationen machen klar: Migration bringt immer auch eine Bereicherung mit sich, nämlich den Austausch von Wissen und Know-How. So waren zum Beispiel viele der Hugenotten, welche im 16. und 17. Jahrhundert aus Frankreich in die Schweiz flüchteten, talentierte Kunsthandwerker, welche der Schweizer Textil- und Uhrenindustrie wichtige Impulse gaben.
Umfragen zeigen immer wieder: Das Thema Migration steht hoch auf dem Sorgenbarometer der Schweizer Bevölkerung. Die Debatte darum wird oft sehr emotional geführt. Mit seiner Austellung leistet das Bernische Historische Museum einen wichtigen Beitrag zu dieser Debatte. Klar wird: Migration und Durchmischung hat immer schon stattgefunden und hat Spuren in jedem von uns hinterlassen. Die Trennung von «wir» und «die» und die Frage, wer zum «wir» gehört und wer zu den anderen, ist nicht mit Landesgrenzen zu klären. Diese Klärung, muss in den Köpfen stattfinden.
Homo Migrans, 2 Millionen Jahre unterwegs, Bernisches Historisches Museum, bis 28.6.2020, ergänzend läuft ein vielfältiges Rahmenprogramm zum Thema Migration mit Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Lesungen der Volkshochschule und einer Filmreihe im Kino Rex.
Proteste in Chile
Seit rund 3 Wochen vergeht in Chile kaum ein Tag ohne Proteste. Breite Bevölkerungsschichten demonstrieren gegen die neoliberale Politik der Regierung unter Präsident Sebastián Piñera, gegen die massiv hohen Lebenshaltungskosten, gegen das Rentensystem und die wachsende Schere zwischen Arm und Reich.
Kleine Erfolge konnten die Demonstrierenden mittlerweile verbuchen. So hat der Präsident einige Minister ausgewechselt und denkt darüber nach, eine verfassungsgebende Versammlung einzuberufen. An den sozialen Missständen aber hat sich bisher kaum etwas verändert. Laut der Journalistin Anna Fünfgeld, die derzeit in der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile weilt, ist deshalb davon auszugehen, dass die Proteste weitergehen werden, trotz der massiven Repression seitens der Sicherheitskräfte. Mindestens 20 Menschenleben haben die Proteste mittlerweile gefordert, weit über 1000 Menschen wurden schwer verletzt.