Heute berichten wir im Info über die Situation von Menschen mit F Ausweis – über die Zukunft dieses Aufenthaltsstatus‘ wird heute im Ständerat verhandelt. Und wir blicken nach Ungarn, wo die Justiz am Syrer Ahmed H. ein Exempel statuieren will. Den Podcast gibts hier:
Kritik am F Ausweis
Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wird, die aber nicht in ihre Heimatländer ausgeschafft werden können, erhalten den F Ausweis, sie sind „vorläufig aufgenommene AusländerInnen“. Das Leben mit diesem Aufenthaltsstatus ist nicht leicht, kaum einE ArbeitgeberIn will jemanden anstellen, der oder die theoretisch jederzeit ausgeschafft werden könnte. Auch die Wohnungssuche gestaltet sich aus den selben Gründen schwierig, desweiteren ist die Reisefreiheit der Personen mit F Ausweis massiv eingeschränkt und der Familiennachzug nur unter ganz bestimmten Bedingungen möglich.
Die Liste der Kritikpunkte an der jetzigen Gesetzeslage ist also lang, weswegen am letzten Wochenende rund 500 Menschen auf dem Waisenhausplatz für eine Verbesserung der Situation demonstrierten.
Heute verhandelt der Ständerat über die Zukunft des Status „vorläufig aufgenommen“. Wir sprachen mit Mortaza Shahed, Aktivist der Gruppe „My Life in Switzerland“ und Filmemacher aus Afghanistan über das Leben mit dem F Ausweis. Der Film Das verlorene Paradies von Mortaza Shahed wird diesen Samstag um 11 Uhr im Kino Rex gezeigt.
Propagandajustiz in Ungarn
Seit 2.5 Jahren sitzt Ahmed H. in Ungarn im Gefängnis. Hintergrund ist die Schliessung der Balkanroute im Herbst 2015, als Ungarn von einem Tag auf den anderen die Grenze zu Serbien schloss und es – wenig überraschend – zu heftigen Unruhen beim Grenzübergang in Röszke kam.
11 Personen hat die ungarische Polizei festgenommen; ihre Fälle wurden als sogenannte Röszke 11 international bekannt und scharf verurteilt. 10 der Röszke 11 wurden wegen illegaler Einreise und Teilnahme an Massenprotesten verurteilt. Diese 10 sind inzwischen wieder auf freiem Fuss und haben Ungarn verlassen. Einzig Ahmed H. sitzt bis heute in Ungarn im Gefängnis, denn laut der ungarischen Justiz soll Ahmed H. die Unruhen angeführt haben, weil er mit einem Megafon in die Menge rief. Auf der Basis von haltlosen Beweisen wurde er 2016 wegen Terrorismus zu 10 Jahren Haft verurteilt.
Ahmed H. liess das nicht auf sich sitzen. Er reichte Beschwerde ein und erhielt Recht. Das zuständige Obergericht entschied, der Fall müsse zur Neubeurteilung zurück zur ersten Instanz. Nächsten Montag, am 19. März soll das neue Urteil verkündet werden.
Verschiedenste Basisorganisationen wie die Free the Röszke 11-Kampagne, EU-Institutionen und Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International kritisieren den Fall Ahmed H. als klassischen Fall von Propagandajustiz.
Die Anwältin Annina Mullis von den Demokratischen JuristInnen Schweiz war als Beobachterin vor Ort und berichtet über den politisch motivierten Prozess.