In Bern wird es nächstes Jahr mit dem E-Prix ein Strassenrennen mit elektrifizierten Rennautos geben, bald schon könnten dich Sozialdetektive legal beim Sünnelen beobachten und in der russischen Republik Inguschetien foltert eine obskure Anti-Terror-Behörde einen Mitarbeiter von Amnesty International. Das und mehr gibt’s im heutigen Info-Podcast zu hören:
Umstrittener E-Prix kommt nach Bern
Seit gestern steht fest, dass der Schweizer E-Prix 2019 definitiv im Berner Schosshaldequartier ausgetragen wird. Der E-Prix ist ein weltweit ausgetragenes und äusserst renommiertes Strassenrennen für elektrifizierte Rennboliden, die vom Tempo her locker an die Flitzer der Formel 1 herankommen.
Nachdem es beim diesjährigen E-Prix in Zürich zu Beschwerden von Anwohner*innen entlang des Mythenquai gekommen war, wichen die Veranstalter nun in die Hauptstadt aus. Während den Auf- und Abbauarbeiten entlang der Rennstrecke im Zürcher Hafenviertel hatten die Anwohner*innen mit Baulärm und zahlreichen Absperrungen auf den Gehwegen zu kämpfen. Hinzu kam, dass die Zürcher Regierung und der Veranstalter des E-Prix gewisse Auflagen, die im Vorfeld gesetzt worden waren, nicht einhielten. Daraufhin unterschrieben rund 3’500 Zürcher*innen eine Petition gegen eine erneute Austragung des E-Prix in ihrer Stadt.
Das zeigte offensichtlich Wirkung. Aufgrund des politischen Drucks aus Zürich haben sich Organisatoren des Formel-E-Rennens an den fünfköpfigen Berner Gemeinderat gewandt. Dieser hat nun ohne jegliche Rücksprache mit der Bevölkerung oder dem Stadtrat beschlossen, das Rennen unter «bestimmten Auflagen» durchzuführen. So muss der Veranstalter die Kosten rund um den Anlass vollumfänglich selber tragen, und ausserdem sollen bei den Auf- und Abbauarbeiten – anders als in Zürich – keine Grünanlagen beschädigt werden dürfen.
Dennoch ist der Unmut, vor allem in links-grünen Kreisen gross, und das obwohl sich der E-Prix theoretisch für Nachhaltigkeit und eine zukunftsfähige E-Mobilität stark macht. Aus Sicht des Grünen Bündnis‘ der Stadt Bern und der Jungen Alternative ist ein solches Autorennen eindeutig der falsche Ansatz, um die Bevölkerung für das Thema Nachhaltigkeit und den ressourcenarmen Verkehr zu sensibilisieren. Sie haben daher eine Online-Petition gestartet, die bereits fleissig unterschrieben wurde.
Nein zur willkürlichen Überwachung von Versicherten
Am 25. November entscheidet das Stimmvolk, ob die IV und andere Sozialversicherungen bei einem begründeten Verdacht Detektive einsetzen dürfen. Eine parteiunabhängige Bewegung hat gegen das neue Gesetz das Referendum ergriffen. Das Referendumskomitee befürchtet, dass das Gesetz der willkürlichen Überwachung von Versicherten Tür und Tor öffnet.
Eines ist klar: Wer auf unredliche Weise Versicherungsgeld kassiert, ohne darauf ein Anrecht zu haben, muss bestraft werden. Der unrechtmässige Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe ist im Strafgesetzbuch geregelt. Schon heute kann in einem klaren rechtlichen Rahmen eine Strafanzeige eingereicht werden wegen Missbrauch. Dafür sind – wie in einem Rechtsstaat üblich – die Strafbehörden zuständig.
In der Vergangenheit liessen die IV und die SUVA ohne rechtliche Grundlage Versicherte überwachen. Das neue Gesetz will nun allen Sozialversicherungen ermöglichen, ihre Versicherten in gewissen Fällen zu überwachen, also auch den Krankenkassen. Damit betrifft das Gesetz uns alle. Mit dem neuen Gesetz erhalten die Versicherungen mehr Kompetenzen als die Polizei. Diese darf nämlich ohne richterliche Genehmigung nicht einfach jemanden überwachen. Möchte die Polizei beispielsweise einem Terroristen das Handwerk legen, darf sie das nur auf richterliche Anordnung tun. Hingegen darf mit dem neuen Gesetz ein Angestellter einer Krankenkasse einen Privatdetektiv anheuern, welcher eine mutmassliche Betrügerin an bis zu 30 Tagen observieren kann. Es braucht dafür also nicht den Entscheid eines unabhängigen Gerichts. Damit werden Versicherte in ihrem Recht auf Privatsphäre schlechter gestellt als Kriminelle. Die Kommission des Nationalrats war zwar der Meinung, Überwachung von Versicherten dürfe nicht ohne richterliche Genehmigung angeordnet werden. Der einflussreichen Versicherungslobby gelang es jedoch, diese zusätzliche Hürde aus dem Gesetz zu kippen.
Konkrete Anhaltspunkte für Versicherungsbetrug reichen, um eine Überwachung zu rechtfertigen. Dies können z.B. Beobachtungen von Nachbar*innen sein. Die Befürworter*innen des Referendums befürchten, dass damit das Denunziantentum gefördert und einer Kultur des Misstrauens Vorschub geleistet wird.
Das neue Gesetz sei unklar formuliert und lasse vieles offen. Die Qualität eines Gesetzes ist jedoch entscheidend für einen funktionierenden Rechtsstaat. Dieses Gesetz sei überstürzt in Rekordzeit erarbeitet worden und verleihe den Versicherungen Kompetenzen, die mit dem Rechtsstaat nicht zu vereinbaren seien.
Spannende Hintergründe zur Entstehung des Schlagworts «Sozialhilfe-Missbrauch» in der Schweiz sowie einen Einblick in die Arbeit eines Versicherungsdetektivs bietet der Podcast Einfach Politik von SRF.
Amnesty International Researcher wird in Inguschetien gefoltert
In der autonomen russischen Republik Inguschetien protestierten zahlreiche Menschen friedlich gegen ein neues Grenzabkommen. Sie kritisierten die neue Grenzziehung zwischen den beiden russischen Republiken Inguschetien und Tschetschenien. Diese Grenzziehung sollte eigentlich einem Referendum unterliegen, wurde aber nun stillschweigend von den Führern der beiden Republiken unter sich ausgemacht.
Oleg Kozlovsky, ein Researcher von Amnesty International, wollte die Situation in der inguschetischen Hauptstadt Magas genauer unter die Lupe nehmen. Angekommen in Magas wurde er von drei Männern entführt, die vorgaben, Mitglieder der Sicherheitsdienste zu sein. Gegenüber RaBe sagte Amnesty International, die Angreifer hätten sich als Mitglieder des Zentrums für Extremismusbekämfpung ausgegeben, einer Anti-Terror-Behörde, die für ihre Foltermethoden bekannt sei. Die Männer hätten Kozlovsky geschlagen, ihn erniedrigt und mehrfach so getan, als ob sie ihn hinrichten würden. Die Folterer hätten Kozlovsky dazu bringen wollen, Namen von Menschen zu verraten, welche sich bei den Protesten engagierten. Der Researcher habe sich aber geweigert Namen preiszugeben und sei schlussendlich frei gekommen.