Das Berner Polizeiinspektorat zeigt, es ist möglich, dass sich zwei Personen einen Kaderstelle teilen können – RaBe befasst sich mit Job-Sharing in Kaderpositionen. Was hat das trojanische Pferd mit der SVP-Selbstbestimmungsinitiative zu tun und warum engagieren sich Politiker*innen von Links bis Rechts dagegen – RaBe war an einer Protestaktion dabei:
Widerstand gegen SVP-Menschenrechtsinitiative kommt von Rechts bis Links
Ein breites Bündnis kämpft gegen die sogenannte Selbstbestimmungsinitiative der SVP. Gestern stellten die Gegner*innen der Initiative ein trojanisches Pferd vor den Bahnhof Bern – Symbol für die Gefährlichkeit der Initiative, die harmlos daher käme, jedoch krasse Auswirkungen auf die Schweiz haben würde, würde sie angenommen:
Die SVP-Initiative löst Widerstand von Links bis weit ins bürgerlich-rechte Lager aus. Bei einer Annahme stünde Schweizer Recht immer über internationalem Recht (einzige Ausnahme: zwingendes Völkerrecht wie z.B. das Folterverbot). Die Gerichtsbarkeit des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes in Strassburg, bei dem die Schweiz Mitglied ist, würde ausgeschaltet. Viele internationale Verträge müssten für ungültig erklärt werden. Sowohl Claudine Esseiva (FDP-Stadrätin Bern) als auch Natalie Imboden (Grüne Grossrätin Bern) bekämpfen die Initiative, obwohl es immer wieder Gerichtsentscheide gibt, die nicht auf ihrer politischen Linie liegen. Gegenüber RaBe sagen sie, für sie seien die Menschenrechte grundsätzlich gefährdet, würde die SVP mit ihrer Initiative durchkommen.
Ist Top-Sharing möglich? Die Stadt Bern möchte Vorreiterin sein (auch gegen den Willen der Regierung)
Kann man oder frau ein Unternehmen leiten mit einem 60%-Pensum? Schwierig. Auch wenn Teilzeitarbeit in der Schweiz sehr verbreitet ist: Auf Führungsebene kann ein Arbeitspensum selten reduziert werden. Aus diesem Grund verzichten hoch qualifizierte Frauen mit Kindern oft auf anspruchsvolle Stellen mit Aufstiegschancen und Führungsfunktion. Auch für viele junge Männer, die sich ein zeitgemässeres Arbeits- und Familienmodell vorstellen, kommt eine leitende Position mit viel Verantwortung unter diesen Bedingungen nicht in Frage.
Eine Möglichkeit, trotz Teilzeitarbeit Führungsaufgaben wahrzunehmen, ist das so genannte Top-Sharing: zwei Personen leiten zum Beispiel gemeinsam eine Abteilung, jede mit einem 50% Pensum.
Eine parteiübergreifende Arbeitsgruppe im Berner Stadtrat hat den Gemeinderat in einem Postulat aufgefordert, die Möglichkeit von Jobsharing auf Exekutivebene zu prüfen. Eine grosse Mehrheit bis weit ins bürgerliche Lager hinein hat den Vorstoss angenommen, nur die SVP und der Gemeinderat selbst sprachen sich dagegen aus. Nun muss der Gemeinderat einen Bericht ausarbeiten, in welchem die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Top-Sharing geklärt werden. Sicher ist, dass dafür eine Änderung der Gemeindeordnung nötig ist. Dies bedeutet, dass letztendlich die Stimmbevölkerung darüber entscheiden wird, ob das Amt des Gemeinderats oder der Gemeinderätin künftig von zwei Personen ausgeübt werden kann.
In der Berner Verwaltung finden sich bereits Beispiele von Top-Sharing. Das Polizeiinspektorat wird erfolgreich von einer Co-Leitung geführt und macht durchwegs positive Erfahrungen damit. So haben sich die beiden Co-Leiter vor einiger Zeit gar als Testimonials für eine Kampagne des eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Mann und Frau zur Verfügung gestellt:
Ob der Gemeinderat die Zeichen der Zeit erkennt und als Top-Sharing-Pionier auf politischer Ebene in die Geschichte eingehen wird? Wenn es nach den Postulanten im Stadrat geht, soll die Berner Stimmbevölkerung schon bei den nächsten Wahlen 2020 die Möglichkeit haben, Gemeinderät*innen im Zweierpäckli zu wählen.