Eine Erfolgsstory war es nicht, als der Berner Samuel Henzi 1749 mithalf, einen Aufstand anzuzetteln. Henzi und seine Mitverschwörer machten sich stark gegen das regierende Patriziat bzw. für mehr politisches Mitspracherecht – und dies 40 Jahre bevor in Frankreich die französische Revolution ausbrach. Die Verschwörung scheiterte, Henzi und einige seiner Mitstreiter wurden hingerichtet.
In der internationalen Presse fand der Aufstand in Bern grosse Beachtung; insbesondere in Deutschland neigte man zur Verklärung der Geschehnisse, was auch Schriftsteller Gotthold Ephraim Lessing dazu motiviert haben dürfte, ein Drama über den Berner Revoluzzer zu verfassen. Lessing scheiterte allerdings in der Umsetzung, so dass das Theaterstück «Samuel Henzi» unvollständig geblieben ist.
Nun hat der Berner Schriftsteller Martin Bieri das Fragment zu Ende geschrieben, indem er Lessings Originaltext um die Beschreibung eines Spaziergangs entlang des Sulgenbachs ergänzt. Was auf den ersten Blick so gar nicht zusammenpassen will, tut es doch: Zum einen fand die Zusammenkunft der Verschwörer jeweils am Sulgenbach statt, genauer: im Emchloch, wo heute des Verwaltungsgebäude «Titanic» steht und wo Bieri selber aufgewachsen ist. Zum anderen sei es ihm in seinem Buch «Henzi Sulgenbach» um das Verschwinden und das Nichtsichtbare gegangen erklärt Bieri. «Die Figur Henzi wird gerne verschwiegen, weil seine Hinrichtung eine unrühmliche Episode in der Berner Geschichte darstellt. Der Sulgenbach verläuft auf städtischem Gebiet weitgehend im Untergrund und Lessings Dramen-Fragment verschwand wegen seiner Unvollständigkeit in der Schublade.»
Martin Bieri im Gespräch mit RaBe:
«Henzi Sulgenbach» wird am Donnerstag 11. Juni 2020 beim Verlag Taberna Kritika, Monbijoustrasse 69 getauft. Ab 18:30 wird Martin Bieri kurze Intervalllesungen für Einzelpersonen geben, womit die vom BAG vorgegebene Abstandsregel eingehalten werden können.