Rund 17 Millionen Menschen leben zurzeit in verschiedenen Flüchtlinglagern – zusammengezogen ergäbe sich daraus ein Staat etwa so gross wie die Niederlande. Die grossen Camps werden vom Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) und von NGOs betrieben. Was mit besten Absichten ins Leben gerufen wurde, ist in der Realität manchmal nicht ganz einfach zu managen, und so stehen humanitäre Arbeit und und Flüchtlingslager immer auch wieder in der Kritik.
Das Kino in der Reitschule widmet diesem Spannungsfeld einen Filmzyklus. Gezeigt werden Filme, welche sich alle in irgendeiner Form mit humanitärer Arbeit beschäftigten. Zu sehen gibt’s Dokumentarfilme, Spielfilme, Kurzfilme und alte Propaganda-Filme. Den Auftakt macht am Freitag 8. Februar der Dokumentarfilm «Welcome to Refugeestan» von Anne Poiret. In ihrem Film beleuchtet die Französin die Welt von Flüchtlingslagern und besucht dafür Camps in Tanzania, Kenya, Jordanien und in Idomeni an der griechisch-mazedonsichen Grenze. Dabei wird deutliche: was im UNHCR-Hauptsitz in Genf auf Post-It-Zetteln entworfen wird, will unter der gleissenden Sonne Afrikas oft nicht so recht funktionieren. Zudem: Die Hilfsorganisationen arbeiten zwar mit Menschen aus der Region zusammen und bilden diese zu humanitären Arbeiter*innen aus, Kontrolle und Gesamtorganisation teilen sie aber nicht mit diesen. Für die Leute in den Camps geht die post-koloniale Herrschaft also weiter, denn wer das Sagen hat, das sind immer noch die Weissen. Bestehende Strukturen würden nicht hinterfragt, weil man beteiligte Organisationen und Geldgeber nicht vor den Kopf stossen wolle, sagt Professor Alexander Betts, Direktor des Refugee Studies Centre an der Universität Oxford. Dabei sollte die Top-Down-Logik, welche das totalitäre Regieren einer Hilfsorganisation in einem Flüchtlingslager mit sich bringe, dringend hinterfragt und neu gedacht werden, sagt Betts.
«Welcome to Refugeestan» zeigt die Zwiespältigkeit der Arbeit von NGOs und der UNHCR. Auch wenn unbestrittenermassen wichtige humanitäre Arbeit geleistet wird, so muten diese Unternehmen doch auch wie gut geölte Maschinen an, deren erstes Ziel es zu sein scheint, sich selber am Laufen zu halten.
Februar-Filmzyklus «Humanitäre Arbeit in Bildern», Kino in der Reitschule (Filmbeginn jeweils 20 Uhr): Fr. 08. Welcome to Refugeestan, Sa. 09. A Perfect Day, Fr. 15. Les chevaliers blancs, Sa. 16. Humanitarian action and cinema: ICRC films in the 1920s, Fr. 22. Bastion der Menschlichkeit, Sa. 23. Kurzfilme