Welche Details wird der Nationalrat im revidierten CO2-Gesetz verankern? Was passiert gerade in den Strassen New Yorks? Und Was haben der Berner Revolutionär Samuel Henzi, ein unvollendetes Drama von Gotthold Ephraim Lessing und der Sulgenbach gemeinsam? Diese und weitere Fragen klären wir heute im RaBe-Info!
Podcast der ganzen Sendung:
Erfolgreicher Neuanfang fürs CO2-Gesetz
Anderthalb Jahre nach dem Totalabsturz des CO2-Gesetzes hat sich der Nationalrat am Dienstag erneut mit der Vorlage befasst. Dabei hat er einer Totalrevision des Gesetzes mit überragender Mehrheit zugestimmt. Einzig die SVP stellte sich gegen das Vorhaben, – ein entsprechender Rückweisungsantrag der Partei wurde von der grossen Kammer jedoch zurückgewiesen. Auch ein Antrag der SVP, gar nicht erst auf das Gesetz einzutreten, wurde mit 140 gegen 51 Stimmen und vier Enthaltungen abgelehnt.
Ziel der Totalrevision ist es, die schweizweiten CO2-Emissionen bis 2050 auf Netto Null zu reduzieren. Bereits im Oktober 2017 ratifizierte die Schweiz das Klimaabkommen von Paris. Sie hat sich damit dazu verpflichtet, die Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 zu halbieren. Ob dies tatsächlich gelingen wird, hängt nun von der Detailberatung mit mehr als 80 Einzelanträgen ab, über die der Nationalrat heute Mittwoch debattieren will. Viele Details der Vorlage sind jedoch stark umstritten: So ist etwa unklar, ob das Fliegen teurer und das Heizen mit Öl gleich ganz verboten werden soll.
Scharfe Kritik an der heutigen Detailberatung kommt von Seiten der Jungen Grünen. Ihnen gehen die aktuellen Forderungen, die im neuen CO2-Gesetz verankert werden sollen, zu wenig weit. Dies vor allem im Bezug auf finanzwirtschaftliche Aspekte. «Über die Finanzwirtschaft wird im CO2-Gesetz kein Wort verloren, obwohl die Investitionen der grossen Schweizer Banken und Pensionskassen die tragische Klimaerhitzung von vier bis sechs Grad unterstützen.», sagt Julia Küng, Co-Präsidentin der Jungen Grünen Schweiz, im Gespräch mit Radio RaBe. Weil ihnen die derzeitigen Forderungen aus dem National- und Ständerat zu wenig weit gehen, hat die Jungpartei nun zusätzliche Forderungen in einem Massnahmenplan erarbeitet. Darin fordern sie ein Lizenzverbot für klimaschädliche Banken und ein Handelsverbot für Unternehmen, die sich nicht ans CO2-Gesetz halten. Ausserdem sollen auch ausländische Flüge, die in der Schweiz starten und landen, von unserem CO2-Budget abgezogen werden. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen haben die Jungen Grünen gestern eine Protestaktion vor der Berner Expohalle lanciert, wo aufgrund der Corona-Bestimmungen derzeit die Bundeshaus-Session ausgetragen wird.
New York in Aufruhr
Am 25. Mai wurde George Floyd von einem Polizisten ermordet, seit diesem Tag gehen in sämtlichen Landesteilen der USA Menschen auf die Strasse um gegen Polizeigewalt und strukturellen Rassismus zu demonstrieren. Die Rede ist von den schwersten Unruhen seit Jahrzehnten. Black Lives Matter – so das Motto vieler Proteste, doch die Forderungen der Demonstrierenden haben sich seit Beginn auch diversifiziert. Unter anderem wird der Ruf, der Polizei die finanziellen Mittel zu entziehen, immer lauter.
Eine Reportage aus den Strassen von New York, produziert von Max Böhnel.
Weiterführende Infos:
- Ein Erklärungsversuch für die Ausschreitungen: Trevor Noah spricht über den gebrochenen Gesellschaftsvertrag.
- «Ihr könnt euch glücklich schätzen, dass wir Schwarzen Gerechtigkeit wollen und keine Rache.» Autorin Kimberly Jones über die Geschichte der Unterdrückung.
- Als der Protest gegen Polizeigewalt noch friedlich war: Ein Film über den Footballspieler Colin Kaepernick – «Ein amerikanischer Held».
- Black Lives Matter- auch in der Schweiz. Sozialanthropologin Serena Dankwa im Interview mit SRF.
Martin Bieri «Henzi Sulgenbach»
Eine Erfolgsstory war es nicht, als der Berner Samuel Henzi 1749 mithalf, einen Aufstand anzuzetteln. Henzi und seine Mitverschwörer machten sich stark gegen das regierende Patriziat bzw. für mehr politisches Mitspracherecht – und dies 40 Jahre bevor in Frankreich die französische Revolution ausbrach. Die Verschwörung scheiterte, Henzi und einige seiner Mitstreiter wurden hingerichtet.
In der internationalen Presse fand der Aufstand in Bern grosse Beachtung; insbesondere in Deutschland neigte man zur Verklärung der Geschehnisse, was auch Schriftsteller Gotthold Ephraim Lessing dazu motiviert haben dürfte, ein Drama über den Berner Revoluzzer zu verfassen. Lessing scheiterte allerdings in der Umsetzung, so dass das Theaterstück «Samuel Henzi» unvollständig geblieben ist.
Nun hat der Berner Schriftsteller Martin Bieri das Fragment zu Ende geschrieben, indem er Lessings Originaltext um die Beschreibung eines Spaziergangs entlang des Sulgenbachs ergänzt. Was auf den ersten Blick so gar nicht zusammenpassen will, tut es doch: Zum einen fand die Zusammenkunft der Verschwörer jeweils am Sulgenbach statt, genauer: im Emchloch, wo heute des Verwaltungsgebäude «Titanic» steht und wo Bieri selber aufgewachsen ist. Zum anderen sei es ihm in seinem Buch «Henzi Sulgenbach» um das Verschwinden und das Nichtsichtbare gegangen erklärt Bieri. «Die Figur Henzi wird gerne verschwiegen, weil seine Hinrichtung eine unrühmliche Episode in der Berner Geschichte darstellt. Der Sulgenbach verläuft auf städtischem Gebiet weitgehend im Untergrund und Lessings Dramen-Fragment verschwand wegen seiner Unvollständigkeit in der Schublade.»
Martin Bieri im Gespräch mit RaBe:
«Henzi Sulgenbach» wird am Donnerstag 11. Juni 2020 beim Verlag Taberna Kritika, Monbijoustrasse 69 getauft. Ab 18:30 wird Martin Bieri kurze Intervalllesungen für Einzelpersonen geben, womit die vom BAG vorgegebene Abstandsregel eingehalten werden können.