Im RaBe-Info geht es heute um eine neue Gewerkschafts-Allianz im Kampf für die Rechte der Arbeitenden, um die Gefahr von Tracing-Apps für Medienschaffende um die beschwerliche Arbeit, 30’000 Ertrunkenen im Mittelmeer einen Namen zu geben.
Podcast der ganzen Sendung:
Syndibasa – die Allianz der Basisgewerkschaften
Pünktlich zum Internationalen Arbeiter*innen-Kampftag schlossen sich anfangs Monat verschiedene Basisgewerkschaften zu «Syndibasa» zusammen. Basisgewerkschaften haben keine bezahlten Funktionär*innen, welche sich für ihre Mitglieder einsetzen sondern sind basisdemokratisch organisiert, das heisst, dass alle Mitglieder mitreden dürfen. Somit unterscheiden sie sich von anderen Gewerkschaften, wie zum Beispiel der UNIA.
Syndibasa besteht aus bis anhin aus sechs Organisationen und verschiedenen weiteren im Beobachtungsstatus: Aus der ART-IE (Waadt), einer Gewerkschaft die ursprünglich nur aus Elektriker*innen bestand, jetzt aber offen ist für alle Branchen, aus der Basis21 (Basel), eine Abspaltung der UNIA mit über 1000 Mitgliedern, der FAU Bern, deren Magazin «di schwarzi chatz» unter anderem in der Reitschule aufliegt, der IGA (Basel), die sich in erster Linie für prekär Angestellte einsetzt, also zum Beispiel für Sans-Papiers, aus den Autonomen Pöstler*innen, der SAP (Wallis), und aus der Gewerkschaft SUD (Waadt), die vor allem Mitglieder aus dem öffentlichen Sektor hat.
Als Allianz könne man sich besser einsetzen für die Rechte der Arbeitenden, zum Beispiel für prekär angestellte Temporär-Arbeitende, darin sind sich die Mitglieder einig. Vor allem in Zeiten von Corona sei der Arbeitskampf aktuell wie eh und je.
ROG warnt Medienschaffende vor Überwachung via Tracing-App
Quellenschutz ist eine der wichtigsten Säulen der Pressefreiheit. Durch die zunehmender Überwachung der Medienschaffenden ist diese deutlich ins Wanken geraten. Mit dem gestrigen Urteil des Deutschen Bundesverfassungsgerichts, wurde die Bundesregierung beauftragt, die Presse- und Telekommunikationsfreiheit besser vor Überwachung des Nachrichtendienstes zu schützen. Reporter ohne Grenzen sieht das Urteil als „Meilenstein für die Pressefreiheit“. Gleichzeitig beschleunigt die Corona-Krise die Entwicklung digitaler Technologien zur Verfolgung von Kontakten und Bewegungsströmen. Tracing- und Trackingapps werden entwickelt, um die Ansteckungen mit Covid-19 zurückzuverfolgen. Doch die so gesammelten Daten würden viel mehr als nur Krankheitsverläufe zeigen. Einst für das Gesundheitssystem entwickelt, gerieten die Daten Schnell in die Hände der Nachrichtendienste. Dies betreffe auch die Pressefreiheit, denn würden einmal Kontaktdaten und Treffpunkte von Journalist*innen bekannt, sei die unabhängige Berichterstattung nicht mehr garantiert, sagt Lisa Dittmer von Reporter ohne Grenzen Deutschland im Interview mit Noëlle Grossenbacher.
«Namen statt Nummern»
Vor der europäischen Haustüre spielt sich eine menschliche Tragödie ab, denn seit 2001 sind rund 30’000 Menschen auf der Flucht kläglich im Mittelmeer ertrunken. Oftmals werden diese toten Bootsflüchtlinge nicht identifiziert, sondern namenlos begraben; ihre Verwandten erfahren nie, was mit ihren Liebsten geschehen ist.
Dagegen macht sich die Forensikerin und Professorin für Rechtsmedizin Cristina Cattaneo stark. Mit zwei Pilotprojekten treibt die 56-jährige Italienerin unermüdlich die Identifizierung von ertrunkenen Menschen voran, damit die Toten nicht Nummern bleiben, sondern Namen erhalten und so zumindest ein kleines bisschen Würde zurückerhalten. Ihre Arbeit sei aber vor allem auch den Hinterbliebenen gewidmet, sagt Cattaneo, denn diese hätten ein Recht zu erfahren, was mit ihren Verwandten geschehen sei.
Im soeben in deutscher Übersetzung erschienenen Buch «Namen statt Nummern» gewährt Cristina Cattaneo Einblick in ihre Arbeit. Eindrücklich und berührend schildert sie, mit welchen Hindernissen sie und ihr Team sich konfrontiert sehen und welche bürokratischen Hürden es zu überwinden galt, bis überhaupt erst eine Datenbank angelegt werden konnte. Zudem gibt sie Einblick in Methoden, welche zur Identifizierung von Leichen herangezogen werden.
Wenn in Europa ein Flugzeug abstürze, würden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Toten so schnell als möglich zu bergen, zu identifizieren und den Verwandten zu übergeben. Wenn im Mittelmeer ein Schiff mit geflüchteten Menschen gesunken sei, habe lange Zeit kein Hahn danach gekräht, sagt Cristina Cattaneo, und das dürfe ja wohl nicht sein.
«Namen statt Nummern» macht deutlich: die Arbeit von Cattaneo und ihrem Team ist von unermesslichem menschlichem Wert. Es ist nicht zuletzt dem unermüdlichen Aktivismus der Wissenschaftlerin zu verdanken, dass die italienische Marine 2015 ein Wrack eines gesunkenen Flüchtlingsschiffes aus fast 400 Metern Tiefe barg. Das sei ein starkes Zeichen gewesen, sagt Cattaneo, weil zum ersten Mal ein Schiff so behandelt worden sei, als wäre es voller europäischer Opfer.
Cristina Cattaneo, «Namen statt Nummern», Rotpunktverlag (2020)