Heute im Info berichten wir über den starken Anstieg von häuslicher Gewalt im Kanton Bern seit der Corona-Krise, über den Unmut der zahlreichen Polizeikontrollen von Sans-Papiers in Genf und über das neue Werk «die Hülle» der Berner Schriftstellerin Sandra Künzi.
Den Podcast gibt es hier:
Mehr häusliche Gewalt im Kanton Bern
Die Zahl der polizeilichen Interventionen wegen häuslicher Gewalt ist 2020 im Vergleich zum Vorjahr im Kanton Bern um rund 40 Prozent angestiegen. Vor allem im zweiten Halbjahr mussten Polizistinnen und Polizisten zu mehr Einsätzen wegen entsprechenden Vorfällen ausrücken. Neben der für Viele belastenden Corona-Situation mit geschlossenen Schulen, Homeoffice und weniger Einkommen, dürfte auch die erfolgreiche gesellschaftliche Sensibilisierung für das Thema zum Anstieg beigetragen haben. Inwiefern die häusliche Gewalt wirklich zugenommen habe oder einfach mehr Personen Hilfe geholt hätten, könne nicht gesagt werden, sagte Regierungsrat Philippe Müller an der Pressekonferenz der Sicherheitsdirektion am 26. Februar 2021. Mit der Einführung des neuen Polizeigesetzes im Jahr 2019 wurde das Instrumentarium für die Bekämpfung der häuslichen Gewalt ergänzt. Erstmals wurde damals häusliche Gewalt als eigene Tat in einem Gesetz festgehalten. Peiniger können seitdem Inkrafttreten des neuen Polizeigesetzes präventiv von Opfern ferngehalten werden, eine Praxis, die Heute bereits häufig angewandt werde, so Philippe Müller. Beratung im Fall von häuslicher Gewalt kann bei der Fachstelle häusliche Gewalt Bern bezogen werden.
Verstärkte Personenkontrollen von Sans-Papiers in Genf
Die nationale Plattform für Sans-Papiers schlägt Alarm. In Genf ist es in letzter Zeit häufig zu Personenkontrollen gekommen, rund um Anlaufstellen für Sans-Papiers. Obwohl es wegen Corona weniger Grenzübertritte gegeben hat im letzten Halbjahr, hat der Bund offenbar Kontrollen durch das nationale Grenzwachkorps verstärkt. Diese Personenkontrollen würden ein Klima der Angst schaffen, sagt Nationalrätin und Co-Präsidentin der nationalen Plattform für Sans-Papiers, Céline Widmer. Mit einer Interpellation will die Plattform in der Frühlingssession beim Bundesrat nachfragen, weshalb die Kontrollen verstärkt wurden. Besonders prekarisierte Personen dort zu kontrollieren, wo diese Hilfe aufsuchen, sei der Schweiz nicht würdig, sagt Céline Widmer. Die Pandemie habe die rund 100´000 Personen, die ohne legalen Aufenthalt in der Schweiz leben und arbeiten, bereits sehr hart getroffen. Diese vulnerable Personengruppe sei, laut der nationalen Plattform für Sans-Papiers, besonders zu schützen und nicht zusätzlich an den Rand der Gesellschaft zu drücken.
«Es geht gar nicht um die Burka»
Um Geld zu verdienen zieht sich eine arbeitslose Schauspielerin eine Burka über und tritt ab sofort in Talkshows auf, wo sie den Moderator*innen Auskunft gibt über ihr vermeintliches Leben als Burkaträgerin. Oder eben auch nicht. Weder die Sendungsleiter*innen noch die anderen Talkgäste interessieren sich nämlich für die Frau unter der Hülle. Vielmehr wird lautstark darüber gestritten, ob die Burka denn nun ein «Leichentuch» sei, das Werte zerstöre, ein politisches Symbol oder eben doch nur ein Kleidungsstück, ein Gefängnis für die Frau oder eben doch kulturelles Zeugnis oder gar ein «geiles Überraschungspaket», weil man nicht wisse, was darunter stecke.
Das geschilderte Szenario entsprang der Feder der Berner Musikerin, Autorin und Theaterschaffende Sandra Künzi. In ihrer kurzen satirischen Erzählung «Die Hülle» nimmt sie die Debatte aufs Korn, die derzeit aufgrund der Verhüllungsinitiative geführt wird, über die wir am 7. März abstimmen. Drei Jahre lang hat Künzi an ihrem Text gearbeitet, der auf vergnügliche Art und Weise die Doppelmoral und Emotionalität entlarvt, mit der oftmals argumentiert wird. «In der Diskussion über die Burka geht es gar nicht um die Burka, sondern vor allem um uns selber, um unsere Klischees, Projektionen und Ängste», sagt die Autorin.
Sandra Künzi hat sich durchaus feministische Anliegen auf die Fahne geschrieben, rief sie doch beispielsweise 2005 die Autorinnenreihe Tittanic ins Leben. So einfach, wie es sich die linke Blase mit der Abstimmung am 7. März mache, sei es nicht mit dem Burkaverbot, sagt sie. Auch wenn Künzi in ihrer Erzählung «Die Hülle» keinen konkreten Abstimmungsvorschlag macht, so tut sie es doch indirekt: Nachdem die Protagonistin als vermeintliche Burkaträgerin durch diverse Talkshows getingelt ist und dabei realisierte, welchen Klischees muslimische Gläubige im Alltag ausgesetzt sind, wird sie der Sache müde. Sie lässt sich von einer Professorin dazu überreden, ein Studium zu beginnen. Darin verbirgt sich denn auch Künzis Rat: «Wissen aneignen. Das ist meine Empfehlung.»
Sandra Künzi im Interview mit RaBe: