Heute im Info: Ein Gerichtsentscheid auf Kosten der Frauen, ein unbekannter Unort im Marzili und ein viel zu lauter Radioblog.
Podcast der ganzen Sendung:
Polen verschärft Abtreibungsrecht
In Polen sind am Mittwoch fast eine halbe Million Menschen auf die Strasse gegangen um gegen die Verschärfung der neuen Abtreibungsbestimmungen zu protestieren. Die Verschärfung des Abtreibungsrechts wurde am vergangenen Donnerstag vom polnischen Verfassungsgericht veranlasst. Künftig sind Schwangerschaftsabbrüche auch bei einer schwerwiegenden Fehlbildung des Fötus rechtswidrig, auch ein nicht überlebensfähiger Fötus muss somit ausgetragen werden.
Abtreibungen sind nun nur noch legal, wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr ist oder der Fötus durch Inzest oder Vergewaltigung gezeugt wurde. Dabei hatte Polen schon zuvor eines der strengsten Abtreibungsgesetze – Frauenrechtsorganisationen schätzen, dass jedes Jahr rund 200›000 Schwangere illegal, respektive im Ausland abtreiben lassen.
Diese weitere Verschärfung mache einmal mehr die Verzahnung von Kirche, Justiz und Regierung im Land deutlich, erklärt Katarzyna Waniek, Teil des feministischen Kollektivs Dziewuchy Szwajcaria. Kirche, Justiz und Regierung spielten sich seit Jahren gegenseitig in die Hand. Die nationalkonservative Regierungspartei PiS hatte das Oberste Gericht in den vergangenen Jahren mit eigenen Leuten besetzt. Gegen die umstrittene Justizreform, welche dies möglich machte, läuft auf EU-Ebene ein Rechtsverfahren.
«Es wird vermutet, dass nun für die Regierungspartei die ideale Zeit sei, sozusagen die Schulden bei der katholischen Kirche abzuzahlen. Die nächsten Parlamentswahlen kommen erst in drei Jahren. Auch wenn es nach einer Verschärfung der Abtreibungsgesetze Proteste gibt, wird die PiS diese verkraften können», so Waniek. Die Regierung machte deswegen der einflussreichen katholischen Kirche einen Gefallen, auf die Kosten der Frauen.
Morgen Samstag Nachmittag organisiert Dziewuchy Szwajcaria eine Demonstration in Zürich. Treffpunkt ist um 15.30 Uhr am Rathausplatz. Masken sind obligatorisch.
Unort Bern: Mit Sibyl Eigenmann (CVP) beim Parkhaus im Marzili
Am 29. November 2020 wählt die Stadt Bern ein neues Parlament. 530 Kandidat*innen bewerben sich um 80 Sitze. Im Rahmen unserer Wahlserie stellen wir täglich eine Kandidat*in vor, deren Partei bereits im Rat vertreten ist.
Wir treffen die Kandidierenden jeweils an ihrem persönlichen «Unort», sprich an demjenigen Ort in der Stadt Bern , wo sie einen Missstand beklagen und etwas verändern möchten.
Sibyl Eigenmann, Präsidentin der CVP Stadt Bern hat das Parkhaus im Marzili ausgewählt. Das private Parkhaus mit rund 300 Abstellplätzen steht relativ versteckt neben dem Bundesamt für Justiz an der Brückenstrasse, welche bei der Marzilibahn nach rechts abbiegt. Das Parkhaus gehört dem Bund und wird laut Sibyl Eigenmann insbesondere von Bundesbeamt*innen genutzt. Unter der Woche sorge es im Quartier für beträchtlichen Durchgangsverkehr, während es am Wochenende stets leer stehe. Mitten im Wohnquartier ein Parkhaus zu betreiben, erachtet Sibyl Eigenmann aufgrund der städtischen Pläne, das Marzili zur flächendeckenden Begegnungszone zu erklären, als Stolperstein inmitten der verkehrsberuhigenden Strategie. 7 Gehminuten vom Bahnhof entfernt brauche es kein Parkhaus.
«Das Betonmonster» abzureissen, sei wohl zu aufwändig. Was sie jedoch begrüssen würde, seien kleinere Massnahmen, zum Beispiel das Parkhaus zumindest am Wochenende für die Quartierbevölkerung zu öffnen, zum Skaten oder Fahrrad fahren für Kinder oder «um auf der Dachterrasse auf dem Liegestuhl zu liegen, zu grillieren und die wunderbare Aussicht aufs Bundeshaus zu geniessen.»
Radioblog: Die laute und erschöpfende Kakophonie unserer Zeit
In der neusten Ausgabe unserer akkustischen Kolumne regt sich Slampoet Nicolas Kessler darüber auf, wie laut diese Welt doch ist und fordert einfach mal «Rueh!»